Soli vor dem Aus – Warum das für Steuerzahler kein Grund zum Jubeln ist

Der Solidaritätszuschlag spült dem Bund noch immer Milliarden in die Kassen. Doch die Tage für den Soli scheinen gezählt.
Wäre Christian Lindner (FDP) Finanzchef in einem Dax-Konzern und nicht Finanzminister, müsste er angesichts erkennbarer Risiken spätestens seit Dienstag milliarden-schwere Rückstellungen bilden. Denn der finanziell für den Bund so lukrative Solidaritätszuschlag steht arg auf der Kippe. Das zeigt ein Blick auf das laufende Soli-Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) in München.
Dort klagt ein Ehepaar mit Unterstützung des Steuerzahlerbundes gegen die Ergänzungsabgabe. Die Eheleute und ihr Rechtsvertreter, der Bochumer Steuerrechtler Prof. Roman Seer, halten die seit Anfang 2020 geltende Regelung für verfassungswidrig, weil der Soli eigentlich zur Finanzierung des Aufbau Ost erhoben wurde. Doch spätestens seit dem Auslaufen des Solidarpakts II Ende 2019 sei die Geschäftsgrundlage für die Extra-Steuer entfallen. Zudem verstoße die seit 2020 geltende Neu-Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz, da nur noch ein Bruchteil der Steuerzahler die Abgabe zahlen müsse, argumentiert Seer.
Zwar ließ der zuständige IX. Senat des obersten deutschen Finanzgerichts am Dienstag in der zentralen Frage der Verfassungsmäßigkeit des Soli keine Tendenz erkennen. Aber alleine die Tatsache, dass die fünf Richter in der kaum einstündigen Verhandlung keine einzige Frage an die Parteien hatten, dürfte ein Hinweis darauf sein, dass der Soli – wie von den Klägern angestrebt - am Ende vor dem Bundesverfassungsgericht landet.
Solidaritätszuschlag: Wachsende Fragezeichen hinter Sonderabgabe
Man muss kein Jurist sein, um zu ahnen, dass die Karlsruher Richter beim Soli dann den Stecker ziehen könnten – mit womöglich weitreichenden Folgen. Schließlich hat der deutsche Fiskus alleine seit 2020 rund 40 Milliarden Euro aus der Abgabe auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer kassiert.
Die Milliarden müsste der Finanzminister dann an die verbliebenen Soli-Zahler zurücküberweisen – plus Zinsen. Insgesamt entspräche das gut acht Prozent des aktuellen Bundeshaushalts. Verglichen mit diesem Haushaltsrisiko waren die sieben Milliarden Euro, die der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble wegen der Brennelementsteuer am Ende an die Energiekonzerne zurückzahlen musste, Peanuts.
Doch auch ein endgültiges Soli-Aus wäre für den deutschen Steuerzahler längst kein Grund zum Aufatmen. Denn die Bereitschaft, die fehlenden Milliarden aus der Rückzahlung und den entfallenden Soli-Einnahmen an anderer Stelle einzusparen, dürfte sich in Berlin in engen Grenzen halten. Stattdessen könnte der Fiskus woanders zulangen. Billiger würde es für den Steuerzahler damit nicht.