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Zwischen Tierheim, „Schnatz“ und seiner Besitzerin steht die unbezahlte Rechnung

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Von: Lars Becker

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Dieses Foto zeigt „Schnatz“ daheim im Strandkorb. Die Vermittlung des Hauskaters wurde seitens des Tierheims Uelzen vollzogen, obwohl die Besitzer ihn zurück wollten. Das scheiterte an einer unbezahlten Rechnung.
Dieses Foto zeigt „Schnatz“ daheim im Strandkorb. Die Vermittlung des Hauskaters wurde seitens des Tierheims Uelzen vollzogen, obwohl die Besitzer ihn zurück wollten. Das scheiterte an einer unbezahlten Rechnung. © Privat

Ein Hauskater verschwindet, wird Wochen später vom Tierheim Uelzen zur Vermittlung angeboten. Die Besitzerin atmet auf, will ihren Liebling zurück. Dafür müsste eine hohe Rechnung beglichen werden. Das Geld hat sie aber nicht...

Uelzen/Suderburg – Der getigerte Hauskater hört auf den Namen „Schnatz“. Diesen Namen hat er von seiner Besitzerin aus Suderburg bekommen: Als „Schnatz“ wird in den Harry-Potter-Filmen jener Ball mit Flügeln an den Seiten bezeichnet, der auf dem Quidditch-Feld umherfliegt und von den Spielern gefangen werden muss.

Freigänger „Schnatz“, der einen Bauernhof zusammen mit zwei Katzen ungezieferfrei halten soll, landete am 19. Januar im Tierheim Uelzen, nachdem er auf dem Campingplatz in Hösseringen entdeckt worden war. Wie er dorthin gekommen ist, ist für seine Halterin, die ihren Namen nicht in der AZ lesen möchte, rätselhaft: Normalerweise habe der ungewöhnlich zahme Kater sein Territorium rund um das landwirtschaftliche Anwesen gehabt und sei nicht mehrere Kilometer weit gelaufen.

Im Tierheim Uelzen nicht nachgefragt

„Wir haben uns zwar gewundert, wo er bleibt. Natürlich haben wir uns Sorgen gemacht, er liegt uns sehr am Herzen – auch den Kindern. Aber er war in den vier Jahren bei uns immer mal wieder länger fort, sein Fressen stand frei zugänglich in einem Stall“, sagt die Besitzerin. Im Tierheim Uelzen fragt sie deshalb nicht nach.

Groß ist aber die Freude, als die Familie ihren Liebling am 25. Februar im „Uelzener Anzeiger“ entdeckt – in der Rubrik „Tier der Woche“. Er wird dort als „echtes Schmusetier“ beschrieben, sei kastriert, geimpft und gechippt.

„Sofort sonntags habe ich im Tierheim angerufen, aufs Band gesprochen. Montags bin ich mit meiner Tochter hin. Mir war klar, dass seine Unterbringung dort für uns nicht gratis war. Aber dass wir sofort in bar rund 500 Euro plus Tierarzt-Kosten bezahlen sollten, hat uns erschüttert. Ich hatte ja neben seiner Transportbox Geld dabei, aber nicht so viel“, erzählt die Suderburgerin.

Sie kann anhand des Transponder-Chips, dessen Nummer im Impfausweis hinterlegt ist, immerhin nachweisen, dass der Kater ihr gehört, obwohl „Schnatz“ nicht über die Tierschutzorganisation Tasso registriert ist. „Ein echter Fehler“, weiß die Suderburgerin, denn dann wäre „Schnatz“ schnell dem Frauchen zugeordnet worden und wieder zu Hause gewesen.

Anzeige in der AZ weist Belohnung aus

„Gustav“, wie der stattliche Kater im Tierheim genannt wird, soll schließlich in neue Hände vermittelt werden, obwohl die Besitzerin ihn zurück will. So passiert es: Das Tier hat inzwischen ein neues Zuhause. „Es ist schon eine mächtige Dreistigkeit, Herzen zu brechen und ihn woanders hinzugeben“, findet die Besitzerin. Sie sagt: „Ich würde den neuen Besitzern sofort die 110 Euro geben – wir wollen unseren ,Schnatz‘ zurück“, appelliert sie an den neuen Eigentümer, den Kater doch noch herauszugeben. In der AZ hatte die Familie am vergangenen Sonnabend sogar eine Anzeige geschaltet und 300 Euro Belohnung ausgelobt, wenn das Tier wieder nach Hause kommt.

Derzeit ist das Uelzener Tierheim für den normalen Publikumsverkehr geschlossen. Adoptionen und Abgabe von Fundtieren in Notfällen sind aber noch möglich.
Für jeden Tag im Tierheim sollte die Halterin einen Tagessatz von elf Euro bezahlen. Das konnte sie aber nicht. © Bieling

Und was sagt man im Tierheim zu dem Fall? Biggi Frels ist die zweite Vorsitzende des Tierschutzvereins Uelzen und Umgebung, der die Einrichtung betreibt. Sie hat mit jener Mitarbeiterin Rücksprache gehalten, die vor Ort war, als die Halterin „Schnatz“ abholen wollte. Sie bestätigt, dass die Besitzerin belegen konnte, dass das Tier ihr gehört. „Es waren aber die Pensionskosten zu zahlen, das ist der Tagessatz von elf Euro. Auf die Tierarztkosten haben wir sogar noch verzichtet“, versichert Biggi Frels.

Nicht auf eine Ratenzahlung eingelassen

Die Frau sei wieder davongefahren. Am 2. März schließlich sei dann eine E-Mail eingegangen. Frels liest im AZ-Gespräch daraus vor: „Schweren Herzens“, heißt es, gebe man den Kater zur Weitervermittlung frei, weil man nicht über die finanziellen Mittel verfüge, die Rechnung zu bezahlen. Erst als diese schriftliche Willenserklärung vorgelegen habe, habe man das Tier weitervermittelt.

„Das jetzt womöglich nicht mehr wissen zu wollen, wäre unseriös und vor allem ja auch gegenüber den neuen Menschen, die sich bewusst für ,Gustav‘ entschieden haben, ziemlich fies“, sagt Biggi Frels, die sich gewünscht hätte, dass die Familie aus Suderburg bei der Suche nach dem Kater viel früher aus eigenem Antrieb das Tierheim kontaktiert hätte. Dann wäre die Rechnung viel niedriger ausgefallen. Auf eine etwaige Ratenzahlung habe man sich tatsächlich nicht eingelassen: „Da sind wir aus vielen anderen Fällen leider gebrannte Kinder“, so Frels.

Die Halterin bestätigt, die E-Mail mit der Vermittlungsfreigabe ans Tierheim verfasst zu haben. Das sei in der Hoffnung passiert, den neuen Besitzer im Nachgang davon überzeugen zu können, das Tier in sein eigentliches Zuhause zu geben. Was für ein Tauziehen um einen Kater...

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