Am 13. September 2008 verschwand in Celle die damals 18-jährige Mandy Müller. Weder ihr Leichnam wurde bis heute entdeckt noch ein Täter rechtskräftig verurteilt, auch wenn die zuständige Staatsanwaltschaft Lüneburg, Außenstelle Celle, davon ausgeht, dass die junge Frau einem Verbrechen zum Opfer fiel. Von Oberstaatsanwalt Lars Janßen ist gestern zu erfahren: „Die Ermittlungen dauern an.“
Immer wieder hat der Fall in den zurückliegenden Jahren für Schlagzeilen gesorgt. Polizei und Staatsanwaltschaft sahen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, die Ermittlungen zu verschleppen.
Zuletzt berichtete mehrfach die Cellesche Zeitung (CZ) in diesem Monat, will nach eigenen Angaben erfahren haben, dass die Mordkommission der Polizei-Inspektion Nienburg/Schaumburg den mutmaßlichen Täter ermittelt hat. Demnach steht der damalige Freund von Mandy Müller im Fokus.
Nach Sinti-Recht waren die 18-Jährige und ihr Freund verheiratet, aber nicht nach deutschem Recht. Ihre Liebe zu ihm soll echt gewesen sein, er aber soll Gefühle für eine andere Frau gehabt haben. „Liebe zu einer anderen Frau als Motiv?“, titelte die CZ am 11. März.
Aufgrund der Herkunft der mutmaßlich Getöteten hat der Fall auch eine politische Komponente. 2022 organisierte das „Junge Forum gegen Antiziganismus“ eine Demonstration, forderte Gerechtigkeit für Mandy Müller. Der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antiziganismus und für das Leben der Sinti und Roma, Dr. Mehmet Daimagüler, brachte sich ein, besuchte auch die Familie.
Mandys Vater indes hat nach Angaben der Polizei-Inspektion Nienburg eigene Untersuchungen gestartet, um den Verbleib seiner Tochter zu klären. Am 9. Januar wurde in diesem Zusammenhang auf ihn in Haßbergen, wo er zu Besuch war, geschossen. Der Anschlag auf ihn habe dazu gedient, dass er seine Untersuchungen nicht fortführe, erklärt die Polizei Nienburg. Sie hat zu den Schüssen vier Beschuldigte im Visier.
Ob es zwischen diesen Personen und zu dem möglichen Täter im Fall Mandy Müller eine Schnittmenge gibt, ist am Mittwoch nicht von Staatsanwaltschaft und Polizei zu erfahren. Jedenfalls führten die Ermittlungen zu den Schüssen die Beamten zum Recycling-Hof im Uelzener Hafen, wo man nach der Tatwaffe sowie auch weiteren Kommunikationsmitteln suchte.
+++ Erstmeldung +++
Uelzen – Bei einer Großrazzia auf dem Gelände eines Recycling-Hofes im Uelzener Hafen haben am Mittwochmorgen Polizeikräfte nach einer Waffe gesucht, mit der im Januar in Haßbergen (Landkreis Nienburg/Weser) mehrere Schüsse auf einen 54-Jährigen abgegeben worden sein sollen. Auch in Celle, Hambühren, Wolfenbüttel und Peine wurden in diesem Zusammenhang am Mittwoch parallel weitere Gebäude und Areale durchsucht.
Die für den Fall zuständige Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg erklärt auf AZ-Anfrage, dass nach den Schüssen im Januar vier Beschuldigte im Alter von 25 bis 76 Jahren ermittelt worden seien, ohne dass aber bisher die Tatwaffe, die den Verdacht erhärten würde, gefunden wurde. Um sie zu finden und auch Kommunikationsmittel sicherzustellen, mit denen sich die Tat womöglich belegen lasse, sei es zu den Durchsuchungen gekommen, so ein Sprecher der Inspektion.
Zwei Dutzend vermummte Polizisten sicherten bis 8.45 Uhr das Eingangstor und das Gelände im Uelzener Hafen. Beschäftigten war es nicht erlaubt, das Areal zu betreten. Nach einem Online-Bericht der Celleschen Zeitung ist es in Hambühren auf einem dortigen Rycling-Hof, der unter dem identischen Namen wie der in Uelzen geführt wird, ebenfalls zu einer Razzia gekommen.
Die Polizei Nienburg geht davon aus, dass die Schüsse auf den 54-Jährigen – sie spricht von einem versuchten Totschlag – im Zusammenhang mit einem weiteren Verbrechen stehen. Bei dem 54-Jährigen handelt es sich um den Vater von Mandy Müller, die im September 2008 in Celle spurlos verschwand.
Die Staatsanwaltschaft Lüneburg, Außenstelle Celle, geht, wie sie am Mittwoch gegenüber der AZ erklärt, davon aus, dass die damals 18-Jährige einem Verbrechen zum Opfer fiel. Ein Leichnam wurde bis heute nicht gefunden, ein Täter bislang nicht verurteilt. Der Fall hat in den zrückliegenden 14 Jahren immer wieder für Schlagzeilen gesorgt: Staatsanwaltschaft und Polizei sahen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, es würden Ermittlungen verschleppt. 2022 war es in Celle zu einer Demonstration gekommen.
Der Vater Mandy Müllers hat indes eigene Untersuchungen aufgenommen, um den Verbleib seiner Tochter zu klären. „Die Schüsse sollen abgegeben worden sein, um diese Maßnahmen zu beenden“, erklärt gestern die Polizeiinspektion Nienburg.
Zu Einzelheiten der Durchsuchungsmaßnahmen und ihren Ergebnissen hat die Polizei am Mittwoch zunächst keine näheren Angaben gemacht. So viel steht fest: Festnahmen hat es nicht gegeben. Es bestehe kein dringender Tatverdacht gegen einen der Beschuldigten, so ein Polizeisprecher.