1. az-online.de
  2. Uelzen
  3. Stadt Uelzen

Uelzen: Elyas Nazam wartet drei Jahre auf Anhörung im Asylverfahren

Erstellt:

Von: Norman Reuter

Kommentare

Elyas Nazam
Elyas Nazam © Reuter, Norman

Drei Jahre wartet Elyas Nazam nun bereits auf eine Anhörung in seinem Asylverfahren. Dabei hat er Pläne für ein Studium. Als die AZ beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nachhakt, bekommt sie zu hören: Das Warten soll für den 21-Jährigen nach Ostern ein Ende haben.

Uelzen – Elyas Nazam hat Pläne für den Herbst. „Ich möchte studieren“, sagt der 21-Jährige. Er will sich für Wirtschaftsinformatik an der Leuphana-Universität in Lüneburg einschreiben, später im IT-Bereich arbeiten. Die Voraussetzungen dafür bringt er mit, wie sich beim Blick in seine Zeugnisse zeigt.

Zugleich quält ihn zunehmend die Sorge, ob nicht alle Mühen vergebens sein könnten. Das hat ihn Briefe an Uelzens Bürgermeister, an den Landrat, an Bundestags- und Landtagsabgeordnete schreiben lassen. Zuletzt wandte er sich auch an die AZ.

Elyas Nazam stammt aus Afghanistan, ist nach Aufenthalt in der Türkei im Februar 2020 nach Uelzen gekommen, wo bereits seine Mutter und der kleine Bruder lebten, die als erste der Familie vor den Taliban im Heimatland flohen.

Mathe-Nachhilfe für die Mitschüler

„Meine Mutter war in Afghanistan Lehrerin und hat sich für Frauenrechte eingesetzt“, berichtet Nazam. Den Taliban war das ein Dorn im Auge. „Sie haben meine Mutter bedroht und angegriffen.“ So verlässt sie 2017 Afghanistan, wird in Uelzen untergebracht. Um wieder bei ihr und dem kleinen Bruder sein zu können, hat auch er sich auf den Weg gemacht.

In Uelzen besucht Elyas Nazam Sprachkurse, wird Schüler der BBS I. An der Fachoberschule für Wirtschaft und Verwaltung stellt er sein Talent für Mathematik, die naturwissenschaftlichen Fächer sowie in Informatik unter Beweis. Mitschülern gibt er inzwischen Nachhilfe, wie eine Klassenkameradin zu berichten weiß. In den nächsten Wochen stehen die Abschlussprüfungen an. Mit der Fachhochschulreife kann er sein Studium aufnehmen.

Nur: Sein Aufenthaltsstatus ist bislang ungeklärt. „Drei Jahre sind vergangen. Einen Interview-Termin habe ich bisher nicht erhalten“, schildert Nazam vor wenigen Tagen. Damit gemeint ist die Anhörung im Asylverfahren, die einer Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über ein Bleiberecht vorgelagert ist.

Bei der Ausländerbehörde des Landkreises ist er mehrfach vorstellig geworden, um zu klären, wann sein Asylverfahren weiter voranschreitet, wie Nazam schildert. Dort sei ihm geraten worden, sich in Geduld zu üben.

Doch das fällt ihm schwer, sieht er sich doch auf der Stelle treten. Er sorgt sich, dass das mit Studium nicht klappen könnte. Um es finanzieren zu können, will er auch nebenbei arbeiten. Wohnung, Finanzen, Job – „das hängt alles am Asylverfahren“, ist ihm signalisiert worden.

2022 hat ein Asylverfahren afghanischer Staatsangehöriger im Schnitt 9,1 Monate gedauert. „Bei mir sind es jetzt drei Jahre. Warum?“, fragt Nazam. Die AZ hakt beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach, erhält wenige Tage nach der Anfrage folgende Antwort: „Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass für Herrn Nazam nun ein Anhörungstermin in der 15. Kalenderwoche vorgesehen ist. Eine entsprechende Ladung wird ihm in Kürze zugehen.“

Und dass es drei Jahre brauchte für diesen Termin? Das BAMF erklärt, die lange Bearbeitungsdauer in seinem Fall habe unter anderem daran gelegen, dass Entscheidungen in Asylverfahren afghanischer Antragsteller aufgrund der Situation im Herkunftsland seit der Machtübernahme der Taliban vorübergehend zurückgestellt worden seien. Zudem: Aufgrund höherer Flüchtlingszahlen seien zunächst jene Fälle bearbeitet worden, bei denen sich Asylsuchende in Erstaufnahme-Einrichtungen befinden würden. Und Letzteres treffe auf Elyas Nazam nicht zu.

Sollte das BAMF zum Ergebnis kommen, dass die Voraussetzungen für ein Bleiberecht nicht vorliegen, so muss er dennoch nicht mit einer Abschiebung rechnen: „Aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Sicherheitslage in Afghanistan finden derzeit keine Rückführungen nach Afghanistan statt“, erklärt die Ausländerbehörde des Landkreises gegenüber der AZ.

Ihm in die Karten spielen könnte auch, dass er gute Noten vorzuweisen hat, sich in Deutsch auszudrücken vermag und sich für seine Mitschüler einbringt. Das BAMF verweist auf das Ende 2022 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts. „Danach sollen gut integrierte Jugendliche und junge Volljährige nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland sowie bis zum 27. Lebensjahr die Möglichkeit für ein Bleiberecht bekommen“, heißt es aus dem Bundesamt.

„Das ist super“, sagt Elyas Nazam, als er von der AZ erfährt, dass er nun einen Anhörungstermin erhalten soll. „Dann geht es weiter.“ Der Traum vom Studium ist ein bisschen näher gerückt.

Auch interessant

Kommentare