Richter Rainer Thomsen hat den 38-Jährigen in den vergangenen Jahren bereits mehrmals verurteilt. 13 Vorstrafen weist das Bundeszentralregister aus. Darunter immer wieder Einträge zu Betrügereien, die sich – es mag kurios klingen – um Tauben und Taubenzucht-Zubehör drehten, wie Ausführungen des Angeklagten und des Richters zu entnehmen ist. Deshalb sitzt der 38-Jährige auch gestern auf der Anklagebank.
Über unterschiedliche Online-Portale habe er unter falschen Namen Tiere und Zubehör verkauft, Geld dafür erhalten, aber die Waren nicht verschickt, wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Eine Weihnachtsgans für 26,40 Euro, eine Vogelvoliere für 318,90 Euro, Taubenringe für mehrere hundert Euro, aber auch Brieftauben im Wert von mehreren tausend Euro werden aufgelistet. Die Staatsanwaltschaft kommt in Summe auf 14 vollendete und einen versuchten Betrugsfall, bei dem der Käufer vor einer Überweisung herausfand, dass es sich bei der angegebenen Adresse des Verkäufers um ein leerstehendes Gebäude handelte.
Gestern bei Gericht erklärt der 38-Jährige, dass in drei Fällen von verkauften Tauben die Tiere tatsächlich geliefert worden seien. „Mit einem Versandunternehmen wurden sie über Belgien in die Niederlande geschickt“, sagt er. Belegen kann er das gestern nicht. Und Wochen zuvor hatte er noch über seine Verteidigerin erklären lassen, er räume alle Taten ein. Das sei unter dem Eindruck der Haft passiert, ohne die Details zu kennen, erklärt der Mann.
Weil die ihm zuletzt vorgeworfenen Betrugsfälle in Bewährungszeiten früherer Strafen fielen, erließ das Gericht Untersuchungshaft. Zudem hatte er für nicht gezahlte Geldstrafen Ersatzfreiheitsstrafen abzusitzen. So kommt es, dass er gestern zu Beginn der Verhandlung in Handschellen vorgeführt wird.
Selbst wenn Tiere verschickt worden seien, bleibe der Verkauf unter falschen Namen, was zu ahnden wäre, macht Thomsen deutlich. Und schwer fällt es ihm auch, dem Angeklagten Glauben zu schenken, hatte dieser in der Haft doch behauptet, er sei schwer krank. Angegebene Ärzte und Krankenhäuser hätten jedoch „zum Erstaunen des Gerichts“ erklärt, den 38-Jährigen gar nicht zu kennen, wie Thomsen berichtet.
Der Staatsanwalt will mehr über die Motive des Täters wissen: „Um das Geld ging es mir nicht“, sagt der Angeklagte. „Ein Stück Aufmerk-samkeit vielleicht“, versucht er zu erklären. Und: „Die Tauben sollten ein gutes Zuhause bekommen“. Sein Großvater habe ja Tauben gezüchtet, und er wolle den Bestand auflösen. Mit seiner Lebensgefährtin sei besprochen, dass er das jetzt mit den Tauben lasse und sich wegen der Taten auch psychologische Hilfe suche.
Dass es einen familiären Bezug gebe, was die Taten betrifft, auch dass der 38-Jährige arbeiten wolle („lieber morgen als übermorgen“), hält der Staatsanwalt ihm zugute, nachdem der Angeklagte letztlich doch alle Taten umfänglich einräumt. Der Staatsanwalt spricht sich für zwei Jahre auf Bewährung aus. Dem folgt das Gericht.