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Wie lebt es sich für Jugendliche in Bienenbüttel?

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Von: Jannis Wiepcke

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Kinder springen im Bienenbütteler Waldbad ins Wasser
Das Bienenbütteler Waldbad ist für viele Kinder ein fester Anlaufpunkt in der Gemeinde. Davon müssen laut dem Jugendbeauftragten weitere entstehen. © Privat

Was muss sich für junge Menschen in Bienenbüttel verändern? Und wie kann man von ihren Wünschen erfahren? Mit diesem Thema hat sich jetzt der Sozialausschuss auseinandergesetzt. 

Bienenbüttel - Eingeschränkter Nahverkehr, wenige Freizeitangebote, Einsamkeit: Die Liste von Problemen, mit denen Jugendliche in ländlichen Regionen zu kämpfen haben können, ist lang. Nicht verwunderlich, dass es vor allem junge Menschen nach der Ausbildung oder der Schule zunehmend in die Städte zieht. Wie lässt sich diese Landflucht verhindern? Und auf welchem Wege erfährt man am besten, was für Veränderungen sich Jugendliche wünschen? Mit diesen Fragen beschäftigte sich ein Impulsvortrag, den der Gemeindejugendbeauftragte Axel Raatz am Donnerstag im Bienenbütteler Sozialausschuss gehalten hat.

Von entscheidender Bedeutung für das Wohlbefinden junger Menschen in der Region, so dessen Kernaussage, sei ein dauerhaftes und persönliches Betreuungsangebot mit festen Ansprechpartnern im Ort. „Gelungene Jugendarbeit ist auch immer gelebte Beziehungsarbeit“, sagte Raatz. Durch „Dauerkrisen“ wie die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg seien die weltpolitische Lage, aber auch viele Entwicklungen in ihrem eigenen Leben für viele Jugendliche unüberblickbarer geworden.

Raatz führte aus, dass Heranwachsende sich infolge dessen stärker als in der Vergangenheit nach festen Bindungen zu erwachsenen Menschen sehnten, die ihnen als Orientierungshilfe dienen könnten. Genau das sei eine wichtige Aufgabe der Jugendarbeit. „Gerade hier auf dem Land, wo wir vielerorts mit Abwanderung zu kämpfen haben, ist es wichtig, Beziehungen aufzubauen, damit die Jugendlichen nach Ausbildung oder Studium zurückkommen, die Region fördern und prägen“, sagte er.

Die gute Nachricht, die Raatz den Ausschussmitgliedern überbrachte: Im Vergleich zu anderen Kommunen sind die Voraussetzungen in der Gemeinde Bienenbüttel dafür grundsätzlich gut. So gibt es eine stabile Infrastruktur mit mehrere Sport- und Feurwehrvereinen, in denen sich junge Menschen engagieren können, ein Freibad, eine Kanuanlegestelle und mit Axel Raatz als Gemeindejugendbeauftragten auch eine feste Kontaktperson im Ort. Die Bienenbütteler Grundschule nimmt in der Jugendarbeit zudem eine wichtige Stelle als zentraler Begegnungsort für viele kleine Kinder ein.

Ausbaufähig ist laut Raatz hingegen die Situation bei älteren Jugendlichen. Die weiterführenden Schulen, die sie besuchen, liegen verstreut im Kreisgebiet oder über die Kreisgrenzen hinaus, so dass im Gemeindegebiet nur selten neue Kontakte untereinander entstehen können – und das, obwohl hier laut Einwohnermeldeamt zurzeit 397 Menschen im Alter von zwölf bis 17 Jahren wohnen. Für Verdruss sorge bei den jungen Mensch auch der Wegfall der Ilmenauhalle als gern genutzter Veranstaltungsort, sagte er.

Bei Jugendtreff frühzeitig mit einbinden


Zusätzlich erschwert werde die Jugendarbeit dann noch durch den Umstand, dass ihm selbst kein fester Arbeitsplatz im Gemeindehaus zur Verfügung stehe, weil sich die Kirchengemeinde aus der gemeinsamen Jugendarbeit von Kirche und Gemeinde zurückgezogen habe. Für ihn seien das aber alles keine Gründe, zu resignieren: „Ich würde vorschlagen, dass wir aus der Not eine Tugend machen“, so Raatz. „Man kann aus dem, was wir hier haben, eine Menge machen.“

Um soziales Engagement, politische Teilhabe und das Selbstwertgefühl der Jugendlichen wieder zu steigern, ist es Raatz zufolge wichtig, sie aktiv an politischen Entscheidungen und Gestaltungsprozessen teilhaben zu lassen. Wie er erklärte, favorisiere er dafür die projekt- oder anlassbezogene Jugendbeteiligung, weil sich andere Formen wie ein Jugendparlament oder Kinderbeirat aufgrund der Infrastruktur nur schwer umsetzen lassen würden.

„Jugendliche wollen keine künstlichen, lebensfernen Spielwiesen“, erklärte Raatz. Es bedürfe herausfordernder, aber Erfolgserlebnisse versprechender Aufgaben, um Heranwachsende dauerhaft zu motivieren. Das könne zum Beispiel bedeuten, dass Jugendliche eine Veranstaltung wie ein Ortsfest mitorganisieren. Aber eben auch, dass sie beim Bau eines Jugendtreffs helfen – passenderweise soll südöstlich des Bienenbütteler Mühlenteichs ein solcher entstehen (AZ berichtete). Raatz zufolge ist geplant, die Jugendlichen von Anfang an am Bau der rund 35 000 Euro teuren Jugendhütte zu beteiligen.

Wenn der Jugendtreff dann fertig errichtet ist, soll er für die jungen Menschen als Rückzugsort fungieren, der gleichzeitig nicht zu weit vom Ortszentrum entfernt ist, als dass die Bindung zu anderen Menschen verloren gehen könnte. Er als Gemeindejugendbeauftragter wolle den Treff für gemeinsame Veranstaltungen oder Workshops mit den Jugendlichen nutzen, sagte Raatz.

Zudem soll seine Tätigkeit umgeschichtet werden, vermehrt an wechselnden Orten im Gemeindegebiet stattfinden – quasi als „Jugendarbeit auf Rädern“. Diese Herangehensweise habe den Vorteil, dass sie der Lebenswirklichkeit vieler Jugendlicher sehr entgegenkomme, weil sie lebendige und unkonventionelle Begegnungen ermögliche. Die Wochenstunden des Gemeindejugendbeauftragten sollten für ein besseres Angebot zusätzlich testweise um zwei Stunden erhöht werden, schlug er selbst vor.

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