Denn sowohl Klaus als auch Wilma, beide in Wilhelmshaven aufgewachsen, leben zu diesem Zeitpunkt in einer festen Beziehung. Und mehr sogar: Beide sind verheiratete Eltern. Klaus wohnt mit Frau und Sohn in Baden-Württemberg, seine Freundin aus Kindheitstagen mit zwei Töchtern und ihrem Mann in Amelinghausen.
„Es war nicht geplant. Ich war auch überhaupt nicht unglücklich“, gab Wilma Steinbrinck am Donnerstagabend im Bienenbütteler Dorfgespräch einen Einblick in ihre damaligen Lebensverhältnisse. Zum ersten Treffen waren beide noch in Begleitung ihrer Partner erschienen. „Absolut harmlos“ sei das gewesen. Nicht erahnen konnten Klaus und Wilma Steinbrinck da, dass ihr ganz persönliches Drehbuch für sie ein gemeinsames Ende vorsah.
Als vor rund 15 Jahren aber feststand, „das ist mehr, als wir uns vorgestellt haben“, so die Bienenbüttelerin, wurden beide mit einer Frage konfrontiert, die entscheidend dafür war, dass sie sich heute als große, glückliche Patchwork-Familie bezeichnen können: Wie geht man mit dieser unbequemen Wahrheit um? Für Wilma und Klaus Steinbrick stand außer Zweifel, dass Ehrlichkeit und Offenheit und in letzter Konsequenz auch eine Trennung von ihren bisherigen Lebenspartnern der einzige Ausweg aus der Misere sind.
Das war, wenn schon an sich schwer genug, immer noch einfacher gesagt, als getan. „Man trennt sich vielleicht vom Partner, aber eben nicht von seinen Kindern, wusste Wilma Steinbrinck zu berichten. Nachvollziehbarerweise sei das nicht ohne Tränen und Streit vonstattengegangen. „Wir haben uns aber auch nicht umsonst geheiratet“, sagte sie – und so habe man in dieser Phase und auch darüber hinaus Wert darauf gelegt, den Ex-Partner nicht zu diskreditieren – ganz im Sinne der Kinder. Die sollten die Trennung möglichst stressfrei überstehen.
Über mehrere Jahre hinweg bauten sich die beiden fortan ein neues, gemeinsames Leben auf. Wilma zog zu Klaus nach Baden-Württemberg. Die Töchter und der Sohn wurden von Anfang an mit eingebunden, durften entscheiden, bei welchem Elternteil sie zeitweise leben wollten. Das habe den Vorteil gehabt, dass sie selbstständiger wurden. Auch wenn laut Klaus Steinbrinck durch den Kontakt mit den Ex-Partnern immer wieder Wunden aufgerissen wurden: Beide wollten, so formulierte es seine heutige Frau Wilma, „irgendwann mit Kindern, Enkelkindern und dem Ex-Partner auf einem Sofa sitzen können, ohne zu schauen, wo sich wer hinsetzt.“
Alles andere als ein einfaches Vorhaben. Mit viel Geduld, Ausgeglichenheit, Kompromissbereitschaft und Vertrauen glätteten sich die Wogen jedoch zusehends. Zum „Aha-Erlebnis“ – dem Moment, in dem sie merkten, richtig gehandelt zu haben, kam es auf der Konfirmation von Wilmas kleiner Tochter, die sowohl nach der Hand ihres leiblichen Vaters, als auch ihres „Fast-Vaters“ Klaus verlangte. „Da wussten wir, dass wir angekommen sind“, sagte Wilma Steinbrinck rückblickend.
Den Wunsch, gemeinsam auf einem Sofa zu sitzen, konnte sich die Familie ebenfalls erfüllen. Beide Ex-Partner haben wieder geheiratet – kurioserweise im selben Jahr wie Klaus und Wilma Steinbrinck. Zu den Paaren pflegen die Eheleute, die vor zwei Jahren aus beruflichen Gründen nach Bienenbüttel gezogen sind, ein inniges Verhältnis, fahren sogar gemeinsam in den Urlaub. Klaus versteht sich bestens mit Wilmas Ex-Mann, für die Beziehung zwischen Wilma und der Ex-Schwiegermutter gilt das Gleiche. Und Wilmas Tochter hat bereits selber eine Familie gegründet – ebenfalls im Patchwork-Stil mit einem Kind aus einer anderen Beziehung.
Zum Anfang als auch zum Ende hin bietet die Geschichte der beiden mit all ihren Wendungen also allerhand Potenzial, um verfilmt zu werden – als Beispiel, wie eine Trennung ohne unüberbrückbare Differenzen gelingen kann: Wenn Freunde zu einem Liebespaar und Liebespaare zu Freunden werden. Zumindest ist das die Moral, die die Zuschauer im Bienenbütteler Dorfgespräch jetzt mit nach Hause nehmen durften.