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Archäologen suchen nach den Spuren der Wichmannsburg

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Von: Jannis Wiepcke

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Dendrochronologische Untersuchungen an Hölzern aus dem Bereich  der Wichmannsburg
Der Dendrochronologe Erhard Pressler übernahm die Datierung der Holzpfähle. © Privat

Um mehr über die Bauzeit der Wichmannsburg, die dem Bienenbütteler Ortsteil ihren Namen verleiht, zu erfahren, wurden im Herbst mehrere alte Holzpfosten untersucht. Die Ergebnisse wurden jetzt im Bienenbütteler Rathaus präsentiert.

Wichmannsburg/Bienenbüttel - Um die Burg, nach der der Bienenbütteler Ortsteil Wichmannsburg benannt ist, ranken sich viele Spekulationen. Möglicherweise geht sie auf den Billunger Grafen Wichmann I. zurück, der im 10. Jahrhundert einer der einflussreichsten Adelsippen im frühmittelalterlichen Sachsen angehörte. Zeitgenössische urkundliche Belege, um diese These zu stützen, fehlen jedoch. Allein der Ortsname gibt konkrete Hinweise auf den möglichen Erbauer. Kann anhand zweier Eichenpfähle, die jahrzehntelang in der Einheitsgemeinde verstaubten, mehr über die Burg in Erfahrung gebracht werden?

Mit dieser Frage hat sich im vergangenen Herbst der Archäologe Mathias Hensch beschäftigt. Die Ergebnisse der Arbeit wurden am Montag im Beisein von Bürgermeister Dr. Merlin Franke, dem Vorsitzenden des Arbeitskreises Geschichte, Holger Runne, und Heinrich Ehlers präsentiert.

Letzterer war es, der Hensch von auffällig großen und alten Pfosten berichtet hatte, die sich nach mehreren Besitzerwechseln im Fundus des Wichmannsburger Feuerwehrhauses befinden. Bekannt war über sie lediglich, dass sie um das Jahr 1961 im Bereich des vermuteten Standorts der Wichmannsburg an der Ilmenau-Niederung ausgebaggert wurden – das reichte aus, um den Forschergeist des Archäologen zu wecken.


„Es handelte sich um zwei ganz exzeptionelle Bodendenkmäler“, berichtete Hensch von seiner ersten Inaugenscheinnahme – zwei, massive, über zwei Meter lange, zugebeilte und am unteren Ende angespitzte Eichenpfosten, die zum Teil sogenannte Zapflöcher aufwiesen. Da Zapflöcher dazu dienten, Balken ohne Metall miteinander zu verbinden, sei klar gewesen, dass es sich um Elemente eines hölzernen Bauwerks handelte. Aber auch um Bestandteile der an der Ilmenauniederung gelegenen Wichmannsburg?

Um das zu prüfen, wurden die Balken anschließend einer dendrochronologischen Untersuchung unterzogen. Dabei werden die Jahresringe von Bäumen, in diesem Fall Eiche, anhand ihrer unterschiedlichen Breite einer bestimmten, bekannten Wachstumszeit zugeordnet. Insgesamt vier Proben wurden durch den Dendrochronologen Erhard Pressler entnommen. Dafür bohrte er Bohrkerne aus den Hölzern heraus. Zum Vorschein kamen dann gering durchfeuchtete und hell gefärbte Holzteile. „Das gab uns das Gefühl, dass die Pfähle nicht ganz so alt sind, wie wir es erhofft haben“, sagte Hensch – dieses Gefühl sollte sich bewahrheiten.

Die Untersuchung ergab, dass der erste Eichenpfosten aus den Jahren 1572 bis 1588 stammt. Der zweite lässt sich sogar genau in das Jahr 1729 zurückverfolgen, weil der zuletzt gebildete Jahrring, die Waldkante, erhalten geblieben ist. Beide Pfähle gehörten mit diesen Datierungen eindeutig nicht zu einer Bauphase der frühmittelalterlichen Wichmannsburg, lautete daher das ernüchternde Fazit des Archäologen.

Vielzahl von neuen Forschungsansätzen


Aber: Gleichzeitig würden sich durch die Untersuchungsergebnisse auch wieder neue, spannende Forschungsansätze ergeben, sagte er. Zu untersuchen sei etwa, ob beide oder eines der Hölzer Bestandteil einer einst in Wichmannsburg gelegenen Brücke seien könnten. Denkbär wäre auch, dass die Eichenpfosten ursprünglich gar nicht aus Wichmannsburg stammen, sondern in den Ort transportiert wurden. Oder sie könnten einen Hinweis auf die Wiederaufnahme des Mühlwesens in der frühen Neuzeit geben. Bisher wird davon ausgegangen, dass das Mühlwesen in Wichmannsburg bereits 1332 aufgelöst wurde.

Klar ist: „Die Funde belegen sehr gute Erhaltungsbedingungen für archäologische Befunde im Bereich der frühen Wichmannsburg“, so Hensch. Deutlich werde, dass nur eine archäologische Forschung konkrete Erkenntnisse zur Frühzeit der Wichmannsburg und Bienenbüttels erbringen könne.

Folgen weitere Untersuchungen?


In naher Zukunft sollten auf Wunsch des Archäologen geomagnetische Untersuchungen im Bereich des vermuteten Standorts der Wichmannsburg folgen. Anhand von Luftbildern und lasergestützten Aufnahmen konnten Archäologen bereits den Bereich einer Burganlage mit einer gut sichtbaren Struktur des Grabens einer Ringwallanlage im Bereich einer Flussbiegung ausmachen. Fakten könnten aber erst geschaffen werden, wenn dort im Zuge von Baumaßnahmen gegraben würde.

Bis es aber so weit ist, wird die Wichmannsburg nichts von ihrer rätselhaften Aura einbüßen – daran konnten auch zwei alte Eichenpfähle nichts ändern.

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