Was angesichts fehlender Zeugen nebulös bleiben dürfte, ist die Antwort auf die Frage, ob der Senior direkt mit besagter Waffe zu den Nachbarn gegangen war oder ob er diese nach einem zunächst verbalen Streit geholt und damit auf das Grundstück des Ehepaares zurückgekehrt war, um seinen Tatplan umzusetzen.
Nach der tödlichen Eskalation des Nachbarschaftsstreits, die bundesweit für Schlagzeilen sorgte, stehen die Menschen in der Gemeinde Bienenbüttel unter Schock. Niemand konnte sich eine solche Tat vorstellen. Auf seiner Facebook-Seite schrieb Bürgermeister Dr. Merlin Franke am späten Freitagabend: „Was dort heute passiert ist, kann ich immer noch nicht fassen. Meine Gedanken sind bei den Opfern, ihren Angehörigen und den betroffenen Anwohnern.“ Damit spricht er vielen Menschen aus der Seele.
Etwa ein Dutzend Personen aus der Nachbarschaft hatte während des mehrstündigen Polizeieinsatzes seine Häuser verlassen müssen. Die Anwohner wurden im Feuerwehrgerätehaus in Bargdorf versorgt, durch Notfallseelsorger sowie Kräfte von Feuerwehr und Bereitschaft des DRK-Kreisverbandes betreut, der auch die Einsatzkräfte verpflegte. Bürgermeister Franke und die Gemeindeverwaltung hatten sich bemüht, die Nachbarn sofort bestmöglich zu unterstützen.
Zu den persönlichen Lebensumständen des Ehepaares und des 85-Jährigen wollte sich die Polizei nicht äußern. Die Parteien lebten aber bereits seit mehreren Jahren in der ehemaligen Ferienhaussiedlung nebeneinander.
Polizeisprecher Kai Richter bestätigte der AZ, dass die Leichen der erschossenen Eheleute (62/61) am Freitag bis zum Nachmittag nacheinander in einem weiteren Abstand voneinander aufgefunden worden waren – zunächst der Mann, später dann auch die Frau. Anwohner der Siedlung hatten erst Schüsse und auch Schreie gehört, die dann verstummten waren.
Dass beide Eheleute und der 85-Jährige Schussverletzungen aufwiesen, bestätigte Kai Richter jedoch. Zur Zahl der gefallenen Schüsse äußerte er sich nicht. Kriminaltechniker suchten am Sonnabend im Tatort-Bereich mit Metalldetektoren nach Patronenhülsen. Sicher sind die Ermittler, dass keine weitere Personen in das Tatgeschehen involviert waren.
Ob die drei Leichen angesichts der vermeintlich eindeutigen Spurenlage in dieser Woche obduziert werden, steht noch nicht fest, so Richter. Der gesamte Tatort-Bereich war bis Sonnabendmittag noch beschlagnahmt gewesen, Ermittler wollten noch Nachbarn vernehmen.
Trotz der Tatsache, dass eine Vielzahl an Einsatzfahrzeugen von Polizei, Spezialkräften aus Hamburg und Hannover und Rettungsdienst den Tatort anfuhren und auch ein Hubschrauber im Einsatz war, waren in sozialen Netzwerken keine Spekulationen über die Ereignisse in Bargdorf verbreitet worden. Der etwas abgelegene Bereich war weiträumig abgesperrt worden.
Die massive Präsenz der Polizei mit Mobilem Einsatzkommando (MEK) sowie Spezialkräften erklärte Kai Richter damit, dass unklar gewesen sei, ob der 85-Jährige noch mit der Tatwaffe in der Siedlung herumlief oder sich aber in einem Gebäude aufhielt. Deswegen waren Türen mit Sprengstoff geöffnet worden – diese Geräusche waren weithin zu hören gewesen.
Neben einer Drohne war sogar ein Delaborierungs-Roboter für Entschärfungen angefordert worden, falls sich der Verdacht bestätigt hätte, dass explosives Material auf dem Grundstück des 85-Jährigen lagerte. Dem war nicht so.
Richter: „Wir hatten eine Gefahrensituation: Jemand ist legal im Besitz von Waffen, aber nicht vor Ort. Das Gelände ist bewaldet, jemand könnte mit Langwaffen unterwegs sein – dann lassen wir größte Sorgfalt walten, damit nicht noch jemand zu Schaden kommt. Wir sind sehr sensibel vorgegangen.“