Im Frühsommer 1973 klopften die italienischen Betreiber des Rosencafés dort an viele Haustüren. Sie waren auf der Suche nach Eisverkäufern, die sie nach Deutschland begleiten. Fabrizio de Cesero entschied sich damals spontan zu diesem drastischen Schritt und machte sich auf den Weg in die Kurstadt.
Im November 1979 führte dann ein Zufall dazu, dass er in Bienenbüttel landete: Sein Chef im Rosencafé musste damals etwas im Ort erledigen und de Cesero begleitete ihn. Das kleine Bienenbüttel gefiel dem Italiener. Eine Eisdiele gab es noch nicht – dafür aber ein leerstehendes Gebäude in der Bahnhofsstraße. Am 14. Mai 1980 eröffnete de Cesero dort seinen eigenen Betrieb in der Bahnhofsstraße. Und seitdem verbrachte die Familie lediglich außerhalb der Eissaison – von Mitte Oktober bis Mitte Februar – ihren Urlaub in Italien.
Im Gespräch ist dem Bienenbütteler de Cesero angesichts dessen anzumerken, dass ihm die Entscheidung, sein Geschäft abzugeben, nicht leicht gefallen ist. „Bienenbüttel ist meine zweite Heimat“, sagt er, tippt mit seiner Hand aufs Herz und wischt sich eine Träne aus dem Gesicht. „Mein Dorf werde ich nicht vergessen.“ Sohn Gianni und Tochter Elena sind sogar in Deutschland zur Welt gekommen und haben beide bereits von klein auf im Eiscafé mitgeholfen.
Warum kommt es dann zum Betreiberwechsel? Einerseits sei da das Alter, sagt de Cesero. „Meine Frau und ich sind leider auch nicht mehr die Jüngsten“ – Fabrizio selbst ist 66 Jahre alt, seine Frau Laura 64. Obwohl ihm die Arbeit körperlich mehr zu schaffen mache als früher sagt er aber: Hätte sein Sohn weitergearbeitet, hätte er sich „auch noch mit 75 Jahren hinter den Tresen gestellt“. Denn nur zu gerne suchte der Italiener den Kontakt mit den Kunden. Dazu gesellen sich die vielen gute Freunde, die die Familie über die Jahre in der Einheitsgemeinde gefunden hat.
Wie es in de Ceseros Leben schon öfter der Fall war, verlief dabei nicht alles nach Plan. Der auserkorene Sohn Gianni eröffnete seinem Vater vor einiger Zeit, dass er den Familienbetrieb nicht fortführen wird, weil er sich mehr seiner eigenen Familie widmen und sich beruflich neu orientieren will. Damit war das Schicksal des Eiscafés besiegelt. „Gianni ist für mich unersetzbar“, sagt der 66-Jährige.
Dem engeren Kundenkreis wurde schon vor Längerem mitgeteilt, dass der Betrieb in andere Hände gegeben werden soll. Die Suche nach einem Nachfolger zog sich aber. Ein überzeugendes finanzielles Angebot war von Bedeutung. Viel wichtiger war aber, dass die neuen Betreiber über genügend Expertise verfügen. Diese Kriterien sieht de Cesero nun erfüllt.
„Das sind Leute, die Erfahrung haben“, sagt er über die Betreiber des Eiscafés Venezia. „Die werden das hundertprozentig gut machen.“ Er betont aber auch, Wert darauf gelegt zu haben, dass den Kunden weiterhin die bewährte Qualität angeboten werden kann. Es folgt ein Satz, der alle Bienenbütteler beruhigen sollte: „Das Eis soll so bleiben, wie es ist. Mit meiner Rezeptur wollen die neuen Betreiber weiter machen.“
Der 66-Jährige wird dem Betrieb daher auch nach der Geschäftsabgabe noch einige Wochen erhalten bleiben und den neuen Inhabern zeigen, wie Cappuccino, Eis und Co. nach seiner Art zubereitet werden. Tochter Elena wird ebenfalls noch eine Weile dort anzutreffen sein, „damit sich die Kunden nicht fühlen, wie in einem fremden Lokal.“, sagt er. Sie wisse genau, welcher Stammkunde welches Eis bevorzugt.
Und so glaubt der Bienenbütteler de Cesero trotz allem Trennungsschmerz, das Richtige getan zu haben. Er und seine Familie zeigen sich dankbar für die vergangenen 40 Jahre und jeden Kunden, der sie auf ihrem Weg begleitet hat. „Ich hoffe, dass die Kunden über den neuen Betreiber irgendwann sagen: Der ist sogar besser als Fabrizio. Dann habe ich das Eiscafé in gute Hände gegeben“, sagt der 66-jährige Italiener zum Abschied – genau diese sympathische Art ist es wohl, die die Bienenbütteler am meisten an der Familie de Cesero vermissen werden.