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Seltenes Schauspiel in Lüder: Weiß- und Schwarzstorch teilen sich Nest

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Von: Bernd Schossadowski

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Ein Weiß- und ein Schwarzstorch stehen zusammen im Nest in Lüder.
Weißstorch Heinrich mit seiner neuen Partnerin im Nest am Ortsrand von Lüder. Doch es handelt sich nicht um seine Artgenossin Ilse, sondern um eine Schwarzstörchin. © Privat

Ein äußerst seltenes Naturschauspiel bietet sich derzeit in Lüder. Dort teilt sich Weißstorch Heinrich das Nest mit einer Schwarzstörchin. Ob die beiden brüten, ist unklar. Von Heinrichs angestammter Partnerin Ilse fehlt bislang jede Spur.

Lüder – Heinrich ist bereits seit einiger Zeit da, doch wo steckt Ilse? Das fragen sich derzeit viele Einwohner von Lüder. Der Weißstorch hat schon das Nest für die geplante Brut mit seiner Partnerin vorbereitet, aber seine Herzensdame lässt sich bislang nicht blicken. Stattdessen zeigt sich im Nest, das vor sechs Jahren auf der Wiese von Wolfgang Schulze am Ortsrand von Lüder aufgestellt worden war (AZ berichtete), ein besonderes Naturschauspiel: Eine Schwarzstorchdame hat sich neben Heinrich niedergelassen.

Die Störchin habe sich sehr um ihren weiß gefiederten Partner bemüht, berichtet Schulze der AZ. „Zu Anfang hat er sie verjagt, doch irgendwann hat er aufgegeben. Nun sehe ich sie oft gemeinsam auf dem Nest. Es ist eine sehr merkwürdige Konstellation.“ Die beiden zu fotografieren, sei aber nicht so einfach. Schwarzstörche seien nämlich deutlich scheuer und hätten eine viel größere Fluchtdistanz als Weißstörche. Sie leben nicht auf offenen Feuchtwiesen, sondern zurückgezogen in Wäldern.

Zwischen 2019 und 2022 hatte jeweils ein Storchenpaar in Lüder gebrütet. Die beiden Tiere, die bereits sechs Jungstörche auf die Welt gebracht haben, wurden auf die Namen Heinrich und Ilse getauft. Ihr Nest war 2017 von der örtlichen Arbeitsgruppe Natur geschaffen worden. Es besteht aus einem Weidenkorb auf einem hölzernen Mast.

Eva Köhler hat das ungleiche Paar am vergangenen Donnerstag zum ersten Mal in dem Nest entdeckt. Zuerst habe sie die Heimkehr der Störchin vermutet, schildert Eva Köhler ihre Beobachtung auf der Homepage der Nabu-Kreisgruppe Uelzen. „Ich meinte, einen zweiten Storch auf dem Horst auszumachen. Tatsächlich konnte ich dann durch das Fernglas einen Schwarzstorch neben dem Weißstorch erkennen“, berichtet sie.

Waldemar Golnik, Storchen-Experte des Nabu Uelzen, ist über das Lüderaner Storchenpaar erstaunt. „Das ist schon sehr ungewöhnlich. Im Landkreis Uelzen gab es so etwas noch nie“, bestätigt er auf AZ-Anfrage. Auch aus anderen Teilen Deutschland habe er noch nicht gehört, dass ein Weiß- und ein Schwarzstorch zusammen ein Nest bewohnen. Ab und zu verpaarten sich Graugänse mit Kanadagänsen. „Aber was gerade in Lüder passiert, ist äußerst selten“, meint Golnik.

Ob die beiden Störche tatsächlich brüten, ist allerdings noch unklar. Ein Weiß- und ein Schwarzstorch könnten durchaus gemeinsamen Nachwuchs auf die Welt bringen. Dieser werde als Hybridbrut bezeichnet, erläutert Golnik. „Es ist aber fraglich, ob der Nachwuchs dann fortpflanzungsfähig ist.“ Wie die Nachkommen von Heinrich und Ilse aussehen würden, falls es diese geben sollte, vermag der Storchen-Experte indes nicht zu sagen.

Golnik hält es auch nicht für ausgeschlossen, dass Ilse noch in Lüder eintreffen wird. „Die Männchen kehren immer zehn bis 14 Tage früher als die Weibchen aus ihrem Winterquartier zurück und bereiten schon mal das Nest vor“, schildert Golnik. Sollte Ilse demnächst in Lüder ankommen, könnte es zu Kämpfen mit der Schwarzstörchin kommen. „Sie würde in ihr eine Nebenbuhlerin sehen“, erklärt Golnik.

Er freut sich, dass sich auch in anderen Orten im Landkreis Uelzen Störche niedergelassen haben. Sowohl in Westerweyhe als auch in Bode brütet derzeit ein Paar. „Auch in Stederdorf sind zwei Störche eingetroffen. Das Nest befindet sich auf dem Schornstein der alten Fleischereifachschule. Die beiden Störche haben sich auch schon gepaart“, schildert Golnik. Jetzt müsse abgewartet werden, ob es dazu auch in Lüder komme. „Das wäre ein dolles Ding, wenn das passieren würde.“

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