1. az-online.de
  2. Uelzen
  3. Bad Bevensen

Pandemie war das Ende: Würmer-Kost aus Haaßel hatte keine Chance

Erstellt:

Von: Gerhard Sternitzke

Kommentare

Maike Günther mit Mehlwürmern.
Maike Günther 2019 in ihrer Mehlwürmerzucht in Haaßel. Das Ziel war eine Tonne Eiweißnahrung pro Tag. Dann kam Corona dazwischen. © Sternitzke, Gerhard

Brot, Kekse, Soßen und Fleischersatz – das sind nur einige der Einsatzmöglichkeiten für das Pulver aus Hausgrillen, dass jetzt in der EU zugelassen ist, ebenso wie ab heute die Larven des Getreideschimmelkäfers. Damit wächst die Palette an Insektennahrung – Wanderheuschrecken und Mehlwürmer waren bereits zugelassen. Erobern die Insekten, die als ökologische Alternative zur Fleischproduktion gelten, jetzt den Lebensmittelmarkt? Ein junges Unternehmen aus Haaßel und Eddelstorf hätte dabei sein können – wenn Corona nicht dazwischen gekommen wäre.

Eddelstorf/Haaßel – 2018 hatten Maike Günther und Mirco Steckel die Firma Neoprotia mit Hauptsitz in Hamburg gegründet. In einem Einfamilienhaus in Haaßel bauten sie eine Mehlwürmerzucht auf, eine Mitarbeiterin wurde eingestellt.

Der Saal eines ehemaligen Eddelstorfer Gasthauses wurde umgebaut, um im gewerblichen Maßstab für Gastronomie und Endverbraucher zu produzieren. Eine Tonne Würmer pro Tag war das Ziel. Sternekoch Jens Dannenfeld zauberte aus den Würmern leckere Gerichte. Die Pandemie beendete die Pläne. 2021 wurde das Start-up nach Investitionen in sechsstelliger Höhe aus dem Handelsregister gestrichen.

„Das Personal ist weggebrochen. Wir konnten keine Workshops mehr machen“, erzählt Maike Günther auf AZ-Nachfrage. „Und wir waren noch so jung, dass wir keine Coronaförderung bekommen hätten.“ In den Workshops sollte unter anderem über Einsatzmöglichkeiten und Rezepte informiert werden. Stattdessen wurde das Haus in Haaßel vermietet, der Umbau in Eddelstorf gestoppt.

Ein proteinreiches Lebensmittel, das Fleisch nahekommt

Von der Nahrung aus Insekten ist Maike Günther, die zehn Jahre Erfahrung in der Zucht von Fliegen für die Wundheilung hat, weiterhin überzeugt. „Es ist ein gesundes, proteinreiches Lebensmittel, das Fleisch nahekommt.“ Mehlwürmer lassen sich in Form von Bratlingen, Pizza und Salattopping ebenso verarbeiten wie zu Süßspeisen. Der Geschmack wird als nussig beschrieben.

Jetzt ist es zu spät für einen Neuanfang. „Das ist auch besser so angesichts der Energiekrise. Wärme und Getreide sind teuer“, sagt die studierte Apothekerin und Unternehmensberaterin. Stattdessen will sie den Saal des Gasthauses in Eddelstorf für Veranstaltungen umbauen. Auch Veranstaltungen sind im Stilotte, so der Name der Eventlocation, geplant.

Auch interessant

Kommentare