Knapp eine Million Euro sind in die Anlage investiert worden. Seit März 2022 sind auf beiden Seiten der Straße 1700 Meter Leitanlagen entstanden, die Molche und Frösche zu 22 Tunneln führen, durch die sie ihre Laichgewässer auf der anderen Straßenseite erreichen.
Den ökologischen Wert des FFH-Gebiets Mührgehege belegt eine Zählung des Planungsbüros Amphi-Consult. An nur drei Tagen im März 2020 plumpsten insgesamt 5600 Tiere, Kammmolche, Erdkröten und weitere Amphibien in die eingegrabenen Eimer, wie Landrat Dr. Heiko Blume berichtet. Die Umweltschutzmaßnahme wurde von der Nbank gefördert. Der Eigenanteil des Landkreises beträgt 240 000 Euro.
„Jetzt ist es gebaut. Jetzt fängt das Ganze erst an“, stellt Egon Zieger von der gleichnamigen Umweltschutzfirma aus Baden-Württemberg klar und kündigt an: „Wir werden das weiter begleiten.“ Leitanlage und Tunnel allein reichen aus seiner Sicht nicht aus, solange die benachbarten landwirtschaftlichen Flächen in der gewohnten Form weiter bearbeitet werden.
„Es wird von den Landwirten abhängen, ob die Anlage funktioniert oder nicht“, macht Zieger deutlich. Er schlägt vor, eine Fläche mit Sumpfpflanzen zu besetzen, die den Amphibien einen Lebensraum bieten und gleichzeitig noch als Dämmstoff für Häuser geerntet werden können.
Zieger selbst ist ein Pionier des Artenschutzes. In Oetzendorf erzählt er, wie er als junger Mann Tausende tote Frösche auf der Straße liegen sieht, eine Erfahrung, die seinem Leben eine neue Richtung weist. Seine Spezialfirma ist in ganz Europa tätig, die Betonelemente für die Amphibienschutzanlagen lässt er in seiner eigenen Firma anfertigen. Allerdings hat er auch viele Anfeindungen erlebt. Ein Bagger und das Auto seiner Frau seien angezündet worden.
„Ich glaube, die Leitanlage ist die beste in Europa“, sagt Planer Florian Bibelriether von Amphi-Consult. Dennoch ist er für die Zukunft angesichts des Klimawandels, neuer Fressfeinde und des asiatischen Froschpilzes pessimistisch für die Zukunft. „Das große Amphibiensterben setzt erst ein“, warnt der Experte.
Egon Zieger weiß, mit welchen Mechanismen sich Amphibien an immer wieder austrocknende Tümpel anpassen. Kaulquappen geben dort Stoffe ab, die spätere Generationen dazu veranlassen, sich schneller zu entwickeln, damit sie dem Verschwinden des Gewässers zuvorkommen.
Landrat Blume lobt bei dem Termin bei Oetzendorf die Pioniere der BUND-Gruppe Bevensen um Siegfried Tippel, die von 1998 an Zäune errichtet und Eimer mit insgesamt über 100 000 Tieren über die Straße getragen hat. Seit 2012 wurde die Straße während der Krötenwanderung über Nacht für den Fahrzeugverkehr gesperrt. Nun gibt es eine dauerhafte Lösung. „Weil die Arten das verdient haben“, wie es Zieger ausdrückt.