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Gesundheitsvorträge im Bevenser Kurhaus: Patienten sollen mündiger werden

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Von: Gerhard Sternitzke

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Wolf-Peter Weinert
Der Hausarzt soll aus der Sicht von Wolf-Peter Weinert, 35 Jahre lang Mediziner in Bad Bevensen, Lotse und Begleiter im Gesundheitssystem sein. © Sternitzke, Gerhard

35 Jahre lang war Wolf-Peter Weinert Hausarzt in Bad Bevensen, zum Jahreswechsel hat er sich zur Ruhe gesetzt. Es war sein Traumberuf, sagt er selbst. In dieser Zeit hat er nicht nur unzählige Menschen behandelt, sondern auch mehrere Gesundheitsreformen erlebt. Seine Erfahrungen möchte der 67-Jährige nun in sechs Gesundheitsvorträgen im Bevenser Kurhaus weitergeben. Dabei geht es nicht nur um medizinisches Basiswissen, sondern auch um Orientierung im Gesundheitssektor. Dabei spart der Mediziner Kritik an Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen nicht aus.

Bad Bevensen – „Die Patienten müssen selbst Bescheid wissen“, ist Weinert überzeugt. Wo informiert man sich? Welche kostenpflichtigen Behandlungen sind sinnvoll? Wann ist eine Operation überhaupt notwendig? Wann sollte man eine Zweitmeinung einholen? Das sind nur einige der Fragen, um die es in den Vorträgen geht. „Es gibt viel zu viele Untersuchungen, zu viele Medikamente, viel zu wenig Abstimmung, Gesprächszeit, Pflege“, lautet das Fazit des Mediziners.

Beispiel gefällig? „Wenn Sie in eine Praxis kommen und haben im Eingangsbereich einen Katalog über Leistungen, die bezahlt werden müssen, dann liegt was im Argen“, warnt Weinert. „Es gibt in Deutschland so gut wie keine sinnvollen Leistungen, die die Krankenkassen nicht bezahlen“, stellt er klar. Die sogenannten individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL), die extra bezahlt werden müssten, seien in den meisten Fällen überflüssig. „Den meisten Ärzten kann man vertrauen, aber es gibt die, denen man nicht vertrauen kann“, meint Weinert.

Kritisch sieht der Mediziner auch die Entwicklung bei Vorsorge- und Früherkennung. Beides sei an sich sinnvoll und sorge dafür, dass manche Erkrankung noch rechtzeitig im Frühstadium erkannt wird. Andererseits seien regelmäßige Kontrollen eine bequeme Möglichkeit, eine Praxis auszulasten – und blockierten Termine. „Je häufiger man Kontrollen macht, umso mehr Facharzttermine“, erklärt Weinert. Für den Arzt sei es bequemer, regelmäßig bekannte Patienten durchzuschleusen, als Neuzugänge zu begutachten.

Auch viele teure Untersuchungen sind aus Weinerts Sicht überflüssig. Viele Orthopäden würden Patienten erst mal zur Magnetresonanztomographie (MRT) überweisen, bevor sie überhaupt untersucht würden. Dabei, so Weinert, würde manchmal einfaches Abtasten mehr bringen. Vor größeren Eingriffen wie Hüft- und Bandscheibenoperationen rät Weinert dazu, zunächst eine Zweitmeinung von einem anderen Facharzt einzuholen.

„Das Gesundheitssystem ist fähig, hohe Standards zu bringen, aber der Patient muss besser verstehen, wie es abläuft“, Umso wichtiger ist aus seiner Sicht im Dschungel des Gesundheitssystems die Rolle des Hausarztes.

„Wir müssen wieder hinkommen zum Hausarzt des Vertrauens“, fordert Weinert. Dieser könne viele gesundheitlichen Probleme selbst behandeln, überweise zu Fachärzten und überprüfe die verschriebenen Medikamente, damit es zu keinen Doppelbehandlungen oder Wechselwirkungen komme. „Hausärzte sollten meiner Meinung nach Lotsen und Begleiter durch das Gesundheitssystem sein.“

• Die Gesundheitsvorträge finden jeweils um 19 Uhr statt: Dienstag, 7. und 14. Februar: Herz-Kreislauf-System; Dienstag, 7. und 14. März, Stoffwechsel; Dienstag, 4. und 11. April: Bewegungsapparat. Karten bei allen Vorverkaufsstellen und an der Abendkasse.

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