Dass Gräber verschwinden, ist Alltag auf den Friedhöfen. Für Grabstellen gilt eine Liegezeit, auf dem Himberger Friedhof beträgt sie für Wahlgräber 30 Jahre. Anschließend werden sie abgeräumt. Es entsteht Platz für neue Bestattungen. Bis dahin wird Rasen eingesät.
Wiebke Mennerichs Vater hat die Liegezeit für seine 1984 und 1987 verstorbenen Eltern allerdings Jahre zuvor verlängert und die entsprechenden Gebühren beglichen. Dennoch verschwindet die Grabstelle im August vorigen Jahres. „Gräber, die verschwinden, schmerzen auch“, sagt die Religionslehrerin und Leiterin einer Grundschule. „Es ist wichtig, solch ein Grab aufrechtzuerhalten und nicht alles plattzumachen. Das hat auch was mit dem Umgang mit Toten, mit Respekt zu tun.“
Bei der Kirchengemeinde Himbergen als Betreiber des Friedhofs treffen Wiebke Mennerich und ihr Vater zunächst auf wenig Verständnis. Von einer Verlängerung stehe nichts in den Akten. Vielleicht hätten sie die Gebühren nicht bezahlt, bekommen sie zu hören. „Der Fehler wurde auf unserer Seite gesucht“, beklagt Wiebke Mennerich. „Dass Fehler passieren, ist menschlich, aber der Umgang damit hat uns erschüttert. Die Kirche hat jedes Fingerspitzengefühl vermissen lassen.“
Bewegung kommt in die Sache, als Wiebke Mennerich mit einer Anzeige wegen Störung der Totenruhe droht. Dann taucht auch die Verlängerung in den Akten auf. Die Kirchengemeinde bietet zunächst an, die zu viel gezahlten Gebühren zu erstatten. Dann lässt sie schließlich Ende des Jahres das Grab auf eigene Kosten würdig wiederherstellen.
Nun erinnert wieder ein Stein an Heinrich und Olga Mennerich. „Als ich am Grab stand, war es ein ganz warmes Gefühl“, erzählt Wiebke Mennerich.
„Ich habe mich mehrmals bei ihr entschuldigt und gesagt, dass es mir fürchterlich leidtut“, sagt Pastor Ulf Cyriacks, der Vorsitzender des Kirchenvorstands ist. Sogar eine Andacht am wiederhergestellten Grab habe er angeboten. „Es ist äußerst peinlich gewesen, dass das passiert ist.“ Die Kirchengemeinde habe tief in die Tasche gegriffen, um die Grabstelle von Steinmetz und Gärtner wiederherstellen zu lassen.
Erst nach längerer Recherche habe sich die Ursache des Missverständnisses herausgestellt. Bevor eine Grabstelle eingeebnet wird schreibt die Kirchengemeinde die Inhaber beziehungsweise ihre Erben an. Der Angeschriebene habe auch zugestimmt. „Es war unvorstellbar, dass es einen zweiten Grabinhaber gibt und dass der sich anders entscheidet“, meint Cyriacks. Tatsächlich habe sich der Vater von Wiebke Mennerich vor 30 Jahren als Mitinhaber eintragen Lassen. „Das ist der Fehler, der von Seiten der Kirchengemeinde geschehen ist.“