Der Jüngere der beiden, Denis S. – raspelkurze, schwarze Haare und graue Fleece-Jacke –, lässt gestern die Kammer wissen: „Ich rauche drei Joints die Stunde.“ Der Ältere Joe K. – blonde Haare und Kinnbart –, sagt: „Ich kiffe jeden Tag.“
Im Mai 2021 haben die beiden, so lassen sie gestern über ihre Verteidiger erklären und ergänzen das auch mit eigenen Aussagen, den Plan gefasst, den Bad Bevenser Maik S. „abzuziehen.“ Joe K. gibt an, dass er gewusst habe, dass der Mann mit Drogen handele. In einem Protokoll einer Aussage bei der Polizei, das bei der Verhandlung zur Sprache kommt, heißt es: Er sei „DER Dealer Bevensens.“
Vereinbart wird von den beiden Angeklagten: Der „Dealer“ sollte ein Kilogramm Amphetamine besorgen, Marktwert 2200 Euro. Das wollten sie ihm abnehmen, ohne dafür zu bezahlen.
So kam es auch, als sie am 25. Mai 2021 abends für die Tat von Meinersen (Landkreis Gifhorn) zu ihrem Opfer nach Bad Bevensen von jemanden gefahren wurden, dessen Name gestern bei Gericht nicht preisgegeben werden soll, der dafür aber 50 Euro erhielt. In der Wohnung des Bevensers soll der jüngere Denis S. dann das Opfer Maik S. mit „zwei, drei Faustschlägen“ zu Boden gebracht und ihn umklammert haben, während Joe K. das Amphetamin an sich nahm und die Wohnung nach weitere Drogen durchsuchte.
Anders als in der Anklage sei dabei aber weder ein Schlagring noch ein Messer im Spiel gewesen, gibt der 22-jährige Angeklagte zu Protokoll. Zwar habe Joe K. gefragt, ob er Waffen besorgen solle, das aber habe er verneint. „Ich habe gesagt, wir nehmen keine Waffe mit“, so Denis S.
Ein Messer kam letztlich doch zum Einsatz, aber nach Aussage der Angeklagte nicht gegen das Opfer. Vielmehr beschlich den Angeklagten Joe K. der Gedanke, in der Wohnung könnten sich Kameras befinden, die ihre Tat gefilmt haben könnten. Aus diesem Grund habe er ein auf einem Tisch liegendes Taschenmesser – „so eines zum Ausklappen“ – genommen und damit Kabel durchtrennt. Die Folge: Ein Kurzschluss.
Weil das Opfer erklärt habe, das nun wegen des Stromausfalls die Nachbarn kommen würden, hätten sie das Weite gesucht, erfährt das Gericht. Vorher nahm Joe K. noch ein in der Wohnung gefundenes Imitat einer Rolex-Uhr sowie zum Transport des Amphetamins einen Rucksack an sich.
Dem Rucksack wird gestern Bedeutung beigemessen, als das dieser noch in einem anderen Verfahren gegen den jüngeren Angeklagten eine Rolle spielt. Wie sein Verteidiger Anselm Schanz ausführt, gehe es bei diesem um eine Substanz, mit der Sprengstoff hergestellt werden könne und die bei seinem Mandanten im besagten Rucksack gefunden worden sei. Der Fall soll in Wolfsburg verhandelt werden, der 22-jährige Denis S. befindet sich zurzeit auch nicht auf freiem Fuß. Er wird gestern für den Prozess in Lüneburg in Handschellen vorgeführt.
Dass das Gericht nur durch einen Zufall von dieser weiteren Anklage erfahren hat, ärgert die Vorsitzende Richterin Dr. Lidia Mumm. Es hätte eine Information der Staatsanwaltschaft geben müssen, sagt sie. „Man fühlt sich schlecht informiert“, so Mumm.
Die Tat in Bad Bevensen begehen die Angeklagten nach eigener Aussage unter dem Einfluss von Drogen sowie von Alkohol. Vor und bei der 85 Kilometer langen Fahrt in die Kurstadt sei Whiskey getrunken, seien Joint geraucht und auch „Lines“ von Kokain konsumiert worden. Auch deshalb soll sich der bereits für Denis S. bestellte Sachverständige auch mit Joe K. und dessen Drogenkonsum befassen. Im Strafrecht besteht die Möglichkeit, Straffällige für einen Entzug in eine Klinik einweisen zu lassen, wenn ein Entzug Aussicht auf Erfolg hat.
Das Opfer, das gestern als Zeuge aussagen sollte, vom Gericht dabei mit der Aussage der Angeklagten konfrontiert sowie darüber belehrt wurde, dass man schweigen könne, wenn man sich selbst belaste, machte vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.
Der Prozess am Landgericht in Lüneburg wird fortgesetzt.