Geothermie – unter Volldampf

Bad Bevensen. Saubere Energie direkt aus der Erde – bereits 2014 könnte Bad Bevensen dieser Vorstellung einen großen Schritt näher kommen.
Denn dann könnte in der Kurstadt die erste Bohrung nach heißer Sole erfolgen – wenn die in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie positive Ergebnisse bringt und die Finanzierung sichergestellt ist. Einige Hürden stehen derzeit also noch zwischen der Idee, Teile der Kurstadt mit Wärme aus der Erde zu beheizen, und der Umsetzung des Mammut-Projektes „Geothermie“. Die Stimmung in Bad Bevensen ist dennoch optimistisch – vor allem nachdem Montagabend Geothermie-Experten (Alois Gabauer, Geschäftsführer des Zweckverbandes für Geowärme in Erding; Kai Imolauer, Diplom-Wirtschaftsingenieur Versorgungstechnik, und Dr. Ralph Baasch, Prokurist der Firma Innovative Energie für Pullach GmbH) im Kurhaus auf Einladung des Bad Bevenser Vereins für Wirtschaft und Tourismus von ihren Erfolgsgeschichten erzählten. Alle drei Standorte hätten enorm von der Geothermie profitiert: Wegen der weitgehenden Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen seien die Wärmepreise in den Projektregionen günstig und stabil. Große Teile der Einwohner seien an das Netz der regionalen Energie aus dem Untergrund angeschlossen, die saubere Energie sei Anreiz für Wirtschaft und Neubürger gewesen – Szenarien, die sich Vertreter der Kurstadt auch für Bad Bevensen wünschen.
Seit Jahren setzt die Kurstadt auf den Ausbau von erneuerbaren Energien. Die Dächer von Schulen und dem Rathaus wurden mit Photovoltaikanlagen ausgestattet, 40 Prozent der in der Jod-Sole-Therme benötigten Wärmeenergie werden über Biogas gedeckt. „Wir wollen in Bevensen konsequent erneuerbare Energien erschließen. Wir hoffen, bald 100 Prozent unseres Energiebedarfes aus erneuerbaren Energien zu gewinnen“, formulierte Martin Feller eine Zukunftsvision, die ihm als grünem Bürgermeister leicht über die Lippen ging.
2006 brachte der damalige Stadtdirektor Knut Markuszewski das Verfahren Geothermie schon einmal ins Spiel. Heute wird es in der Kurstadt konkret. Erste geologische Daten wurden ausgewertet, die Eignung des Stadtgebiets für Erdwärmenutzung geprüft. „Das Stadtgebiet befindet sich im zentralen Teil der Norddeutschen Senke und ist der Lüneburger Scholle zuzurechnen. Zentrales Strukturelement des Untergrundes ist das Salzkissen Seedorf, ein Salzkörper von etwa acht Kilometer Durchmesser“, erklärte Bauamtsleiter Roland Klewwe im Kurhaus. Dieses Salzkissen soll auch der Grund dafür sein, dass es unter Bad Bevensen nicht nur Salzwasser gibt, sondern eben eine besonders warme Sole. Normalerweise steigt die Temperatur in Deutschland durchschnittlich drei Grad pro 100 Meter, die in die Tiefe gebohrt werden. Unter Bad Bevensen soll es nach vorliegenden geologischen Daten pro 100-Meter-Schritt 3,4 bis 3,9 Grad wärmer werden – gute Rahmenbedingungen also. Nach derzeitigem Unersuchungsstand – die konkreteren Daten von der Machbarkeitsstudie liegen ja noch nicht vor – könnten zwei Bohrungen in etwa 2400 Meter Tiefe vorgenommen werden. Dort erwarten die Experten etwa 83 Grad heißes Wasser. Klewwe: „Die Ergiebigkeit wird mit 15 bis 30 Litern pro Sekunde geschätzt, die Leistung entsprechend mit 1,6 bis 4,1 MW.“ Kosten würde das Projekt ohne oberirdische Bauteile 9 bis 13 Millionen Euro – Geld, das die verschuldete Kurstadt trotz Entschuldungshilfe durch den Zukunftsvertrag mit dem Land Niedersachsen nicht hat. Eine Genossenschaft, eine GmbH oder ein Zweckverband – diese drei Geschäftsmodelle waren schließlich während der Podiumsdiskussion im Kurhaus im Gespräch. „Von Amtswegen muss ich auf Sicherheit gehen. Darum könnte ich mir vorstellen, einen Zweckverband zu gründen mit dem Landkreis als Partner, oder eine GmbH“, sagte Stadtdirektor Hans-Jürgen Kammer. Bürgermeister Martin Feller betonte indes: „Wir haben mit dem HGZ, der Diana-Klinik und der Therme starke Partner. Wir müssen schnell in die Wirtschaftlichkeit kommen.“ Vorstellen kann sich der grüne Bürgermeister das mit einer Genossenschaft, bei der die Bürger der Kurstadt beteiligt würden.
Bauamtsleiter Roland Klewwe drückte derweil bei aller Euphorie etwas auf die Bremse: Die Organisationsform könne erst nach der Phase 1 der Machbarkeitsstudie, also Ende 2013 festgelegt werden. Bis Dezember 2013 soll dieser erste Teil und im Jahr 2014 dann der zweite und letzte Teil der Machbarkeitsstudie erstellt werden. Danach würde eine Projektgesellschaft gegründet und die ersten Bohrungen durchgeführt werden.
Als Großabnehmer für die Energie aus der Erdwärme haben sich HGZ, Diana-Klinik und die Therme gemeldet. Auch die lokale Wirtschaft ist an der regenerativen Energie interessiert.
Von Wiebke Brütt