„So kann ich nicht backen“, sagt Meißner nüchtern. Zwei künstliche Hüften hat er schon, die Prellung macht jeden Schritt schwer. Mehl, Wasser, Salz. Alles in Handarbeit. Von der Knetmaschine hat er den Teig immer zum Tisch getragen, um die Brote und Brötchen zu formen. Von da ging es wiederum zum Ofen. Die vergangenen zwei Jahre, seit dem Weggang des letzten Gesellen musste schon seine Frau in der Backstube mithelfen.
Seit 1996, seit der Übernahme von seinen Eltern, war er hier der Chef, hat an sechs Tagen in der Woche um halb vier, sonnabends sogar um zwei Uhr in der Frühe angefangen, 15 bis 16 Stunden am Tag. Und am Sonntag mussten die Bestellungen geschrieben werden. Bis zum Frühjahr vorigen Jahres fuhr das Ehepaar seine Produkte auch noch mit dem Lieferwagen in zehn Dörfern bis an die Haustür. Wer nicht da war, hatte einen Platz hinter der Stalltür. Zuletzt gab es zwei Schließtage in der Woche.
„Das ist schon ein trauriges Ende“, meint Elke Meißner (57). Die Bäckerei und der Laden, früher ein Sparmarkt, das war das Leben der beiden. Das gehörte einfach zum Dorf. Man ging nicht einkaufen, man ging zu Elke. Wer kein Geld dabei hatte, ließ bei der früheren Sparkassenkraft anschreiben. „Wir haben die treuesten Kunden. Das ist wie eine große Familie“, sagt Elke Meißner. „Am meisten tut es mir leid um die Kinder.“
Das Ehepaar hat gar nicht versucht, einen Nachfolger zu finden. Die beiden Töchter sind andere Berufswege gegangen. Knetmaschine, Brötchenmaschine, Ausrollmaschine und Backofen sind Beweise deutscher Maschinenbauqualität. Jahrzehnte alt und trotzdem bislang jeden Tag im Einsatz. Welcher junge Meister nimmt die Investition in neue Maschinen auf sich? Und lohnt sich der Betrieb auf dem Dorf?
„Wenn man die Stunden rechnet, braucht man das nicht zu machen. Dann müsste er schon Filialen aufmachen“, sagt Bernd Meißner. Zudem sind die Kosten für Rohstoffe und Energie enorm gestiegen. Es sei schon schwer, Gesellen zu bekommen. Und dann ist da das Haus mit der Wohnung der Meißners und dem Altenteil. Sein Geburtshaus, in dem der Meisterbrief auf dem Gang hängt.. „Ich will hierbleiben. Ich war mein ganzes Leben hier“, stellt Meißner klar.
Die Spezialität der Bäckerei war der Himmelfahrtskuchen aus Hefeteig mit Anis, der mit Butter und Sirup gegessen wurde. Es gab ihn nur einmal im Jahr zum Feiertag.
Im Prinzip war das Ende des Betriebs lange abgemachte Sache, der kleine Unfall hat das Ende nur um ein paar Wochen verkürzt. Elke Meißner freut sich auch schon auf den Ruhestand, auf die Enkelkinder. „Wir müssen auch an uns denken“, findet sie. „Deshalb freue ich mich darauf, ein ganz normales Leben zu führen. Samstags Kaffee mit der Familie trinken, ohne müde zu sein.“