Natürlich bezieht wohl jeder der Zuhörer im Kloster Ebstorf das Gesagte auf den aktuellen Konflikt um das ehemalige Kaufhaus, das die Samtgemeinde als Eigentümer abreißen will. Eingeladen hat Erwin Jochem, Sprecher der Bürgerinitiative Zukunft für Kaufhaus Kort, die bereits mit ihrem Bürgerbegehren erfolgreich war. Am 16. April entscheiden die Bürger, ob der Klosterflecken das Gebäude ankaufen muss.
Die Initiative will das ortsbildprägende Gebäude, das für viele mit Erinnerungen verbunden ist, unbedingt erhalten. „Räume prägen uns“, erklärt Nagel. Das gilt nicht nur für Wohnungen, sondern auch für den öffentlichen Raum, also Straßen, Plätze und eben die Gebäude. Wo es schön ist, hält man sich gern länger auf. Hier trifft man sich und ist sogar bereit, längere Wege zu Fuß zu gehen. Gerade in Zeiten des Ladensterbens in den Innenstädten aufgrund des Onlinehandels gelte es, die Gebäude anderen Nutzungen zuzuführen.
Besonders zu älteren Gebäuden besteht eine besondere emotionale Bindung, gewachsene Ortskerne tragen zur Identität bei. Zwar sind laut Nagel nur drei Prozent des Gebäudebestands denkmalgeschützt, 30 bis 40 Prozent seien allerdings ortsbildprägend. Nicht denkmalgeschützt, aber ortsbildprägend – das übertragen die Zuhörer natürlich auf das leer stehende Kaufhaus.
Die andere Seite sind die Folgen des schnellen Wechsels von Bauen und Abreißen auf den Klimawandel. Das Bauen verursache 90 Prozent des Rohstoffverbrauchs und 55 Prozent der Abfälle. 33 Prozent der Treibhausgasemissionen gehen auf Nutzung und Betrieb von Gebäuden zurück, immerhin sieben Prozent auf den Bau und die Herstellung von Baumaterialien. Diese sogenannte graue Energie gehe verloren, wenn Gebäude abgerissen werden, betont Nagel. Ziel müsse es also sein, diese Energie durch Umbau zu erhalten.
Wie bestehende Gebäude durch Sanierung und Umbau einer neuen Funktion zugeführt werden können, zeigt Nagel anhand von einigen Beispielen. Er fordert aber auch ein Überdenken von Gesetzen und Verordnungen. So müssten Gebäude nach dem Umbau Neubaubedingungen etwa hinsichtlich Lärmschutz und Stellplätzen erfüllen. „Das ist verrückt“, kritisiert Nagel.
Vor einem Jahr hat sich ein Arbeitskreis Baukultur im Kreis Uelzen gegründet. „Alte Häuser wecken Emotionen“, betont Annette von Bismarck-Osten in dessen Namen. Sie vermittelten Heimat und Identität. „Wir wollen mit der heutigen Veranstaltung einen Dialog anstoßen“, sagt Erwin Jochem.
Auch eine Initiative gegen den Ankauf des Kaufhauses Kort hat sich gebildet. Die Mitglieder weisen die Besucher vor dem Kloster vor allem auf die Folgekosten hin (Bericht folgt).