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Biathlon: Schweden-Coach Lukas zieht WM-Bilanz - „Nicht damit gerechnet“

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Biathlon: Johannes Lukas (Mitte) und sein Team jubeln bei der WM in Oberhof.
Biathlon: Johannes Lukas (Mitte) und sein Team jubeln bei der WM in Oberhof. © Manzoni/IBU

Schweden avancierte bei der Biathlon-WM in Oberhof zur zweiten Kraft hinter Norwegen. Der deutsche Coach Johannes Lukas blickt auf erfolgreiche Tage zurück.

Oberhof - Mit insgesamt elf Medaillen bei der Biathlon-Weltmeisterschaft in Oberhof hat das schwedische Team einen neuen Rekord aufgestellt. So viel Edelmetall hat es bei einer Weltmeisterschaft für Schweden noch nie gegeben.

Dreimal Gold und dreimal Silber, dazu fünf Bronzemedaillen räumten die Skandinavier ab und platzierten sich damit auf dem zweiten Platz im Medaillenspiegel hinter Norwegen. „Mit so etwas habe ich überhaupt nicht gerechnet, unser Fokus war eigentlich nicht so auf die Weltmeisterschaft ausgerechnet“, verrät Cheftrainer Johannes Lukas.

„Wir sind irgendwann in einen richtigen „Flow“ geraten“, sagt der 29-Jährige und verweist auf den Schlusstag mit Gold im Massenstart für Sebastian Samuelsson und Hanna Öberg sowie Silber für Martin Ponsiluoma noch vor dem Überflieger der WM, Johannes Thingnes Boe.

Biathlon: „Haben gesehen, dass auch die Norweger wackeln“

„Den Grundstein für diesen Erfolg haben wir am Samstag zuvor mit den beiden Bronzemedaillen in den Staffeln gelegt. Dadurch ist ein Team-Spirit entstanden. Alle hatten ihre Medaille gewonnen, das hat ihnen den zusätzlichen Schub gegeben. Wir haben am Abend bei der Teambesprechung gemerkt, dass könnte zum Schluss der WM noch unser großer Tag werden“, plaudert Lukas aus dem Nähkästchen und sagt dazu forsch: „Da haben wir gesehen, dass auch die Norweger mal wackeln.“

Dabei setzte der junge deutsche Trainer im Vorfeld der Oberhofer WM eher auf „Understatement“. Freilich war bei den Damen mit den Öberg-Schwestern einiges möglich, bei den Herren stellte er allerdings einige Fragezeichen fest. Für Ponsiluoma sah er das Podium in Reichweite, hinter Samuelsson standen einige Bedenken, was die Form betrifft. Diese bestätigten sich gleich zum Auftakt der Mixed-Staffel mit dem neunten Platz, ausgelöst, weil am Gewehr von Samuelsson eine Schraube locker gewesen war. So ging es für die Schweden gleich dreimal in die Strafrunde.

Biathlon: Samuelsson und Öberg die Medaillenjäger

Doch der 25-Jährige erholte sich von diesem Malheur und sicherte sich neben Gold im Massenstart noch Bronze im Einzel, der Verfolgung und in der Staffel. Bei den Frauen entpuppte sich Hanna Öberg als fleißige Medaillen-Sammlerin mit Gold im Einzel und Massenstart, Silber im Sprint und Bronze in der Staffel. Etwas Pech hatte ihre Schwester Elvira, die wegen gesundheitlicher Probleme nicht alle Wettkämpfe bestreiten konnte. Ebenfalls drei Medaillen gab es für Linn Persson mit Silber im Einzel und Bronze im Sprint sowie als dritte mit der Staffel.

Nach der erfolgreichen Weltmeisterschaft heißt es für Johannes Lukas und seine Sportler etwas zur Ruhe kommen. Lukas macht das im heimatlichen München. „Ich muss das alles sacken lassen, was wir erreicht haben. Das ist nicht so selbstverständlich alles. Da tut die Pause ganz gut, um alles zu genießen.“

Ende Februar geht es nach Nove Mestro zum nächsten Weltcup und für die letzten drei Weltcups in diesem Winter bleiben der Trainer uns sein Team hungrig auf Erfolge. Im Gesamtweltcup liegt Elvira Öberg auf dem zweiten Platz und in der Nationenwertung der Frauen steht man knapp vor Frankreich auf dem ersten Platz. Alles Ziele für Johannes Lukas, die er mit seinem Team noch erreichen will. „Bei uns funktioniert alles bis ins kleinste Detail“, erklärt Lukas.

Biathlon: Wolfgang Pichler hat die Struktur gelegt

Allerdings so einfach, wie es klingt, ist es nicht. Es wird derzeit über das „Schwedische Modell“ viel gesprochen und gerätselt. Vater des Ganzen ist Lukas Vorgänger, der Ruhpoldinger Wolfgang Pichler. 2015 hatte er die jungen Sportler damals gesichtet, die jetzt für die Medaillen sorgen. Wichtige Pfeiler für die Erfolge sind laut Lukas, die Stabilität im Trainerteam und der zentrale Stützpunkt in Östersund.

Dort wohnen alle Sportler und haben so die Gelegenheit, sich jederzeit beim gemeinsamen Training, Männer und Frauen zu messen. Neben dem Cheftrainer gibt es für alle Bereiche einen eigenen Coach. „Östersund hat sich über die Jahre perfekt entwickelt“, schwärmt Lukas. Daher sind die Schweden auch eher selten bei Trainingslehrgängen im Ausland anzutreffen. „Unser Fokus liegt neben dem intensiven Training vor allem auf Erholung.“

Für den kommenden Winter sind nur zwei Trainingslager außerhalb Schwedens geplant. Als einen Nachteil sieht Lukas die Möglichkeit wie etwa in Deutschland, dass sich die Sportler Behörden wie Bundeswehr, Zoll oder Polizei anschließen können, um sich finanziell abzusichern. „Das gibt es bei uns nicht, dieses System in Deutschland wäre ideal“, meint er und fügt hinzu: „Manchmal sei es für die Sportler schon schwierig über die Runden zu kommen.“

In Schweden sind seine Athleten überwiegend als Studenten an der „Mid-Sweden-University“, um die berufliche Zukunft nach dem Sport abzusichern, eingefädelt damals von Wolfgang Pichler. Für die sportlich erfolgreichen Athleten gibt es eine geringe monatliche Aufwandsentschädigung, so Pichler, der als Direktor des Nationalen Olympischen Komitees in Schweden die Fäden im Wintersport zieht. Der 68-Jährige ist überzeugt, dass Biathlon in Schweden weiter vor einer erfolgreichen Zukunft steht. „Wir haben bei den Mädchen viele Talente, bei den Jungs könnten es ein paar mehr sein“, verrät er zum Schluss als Kampfansage an die restliche Biathlonwelt.

Quelle: chiemgau24.de

SHu

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