Glücksritter mit Tatendrang: Maximilian Philipp will bei Werder neu durchstarten - und vielleicht sogar länger bleiben

Der erste Auftritt: Neuzugang Maximilian Philipp hat sich am Mittwoch in einer Pressekonferenz des SV Werder Bremen der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei sprach er über den Transfer, seine Ziele und seine Zukunft.
Bremen – Wer Maximilian Philipp sprechen hört, der gewinnt ziemlich schnell den Eindruck, dass ein Fußballerleben nicht immer nur schön sein muss. Ein Bruchteil aller Profis darf sich mit Titeln und Trophäen schmücken, andere haben zumindest einen gesicherten Arbeitsplatz in ihren Clubs. Und dann gibt es noch jene, für die ist die Perspektive manchmal ziemlich düster. Und das schlägt aufs Gemüt. Maximilian Philipp macht keinen Hehl daraus, dass auch in seinem Leben nicht immer die Sonne scheint. Doch durch den Leihwechsel zum SV Werder Bremen soll alles anders werden.
Werder Bremen-Neuzugang Maximilian Philipp grübelte über frühere hohe Ablösesummen
„Mit meiner Situation, in der ich in Wolfsburg war, war ich natürlich nicht zufrieden und umso überraschter und glücklicher, dass noch Vereine an mir Interesse bekundet haben“, gestand der 28-Jährige am Mittwoch während seiner offiziellen Vorstellung bei Werder Bremen. Bei den Niedersachsen pendelte er zuletzt zwischen Kader und Tribüne, so richtig durchsetzen konnte er sich unter Trainer Niko Kovac nicht mehr. Gerade einmal drei Einsätze stehen in dieser Saison zu Buche, darunter waren zwei Einwechslungen. Ziemlich wenig für einen Mann, der auch mal ganz andere Zeiten in seiner Karriere erlebt hat. 2017 wurde Maximilian Philipp U21-Europameister, beim SC Freiburg reifte er zum Bundesligaspieler und war so gut, dass sich erst Borussia Dortmund und später Dynamo Moskau einen Transfer jeweils 20 Millionen Euro kosten ließen. Summen, die auch lähmen können. „Im Prinzip habe ich mit dem Geld ja nichts zu tun gehabt, aber wenn man jung ist, macht man sich natürlich schon seine Gedanken, ob man überhaupt so viel wert ist und es Sinn ergibt, so viel Ablöse zu zahlen“, räumte der Offensivspieler ein. „Doch ich habe dazugelernt und erkannt, dass ich nichts dafür kann und dass das alles nicht meine Angelegenheit ist. Deshalb mache ich mir da auch keinen Druck mehr.“
Maximilian Philipp wechselt wegen Spielpraxis zu Werder Bremen - und unabhängig von der Tabelle
Anders sieht es in sportlicher Hinsicht aus. Maximilian Philipp will unbedingt wieder regelmäßig spielen. Das vergangene halbe Jahr hat Spuren hinterlassen. „Ich war jetzt immer in dem Trott drin, dass ich am Wochenende frei hatte oder eigenständig spielen musste. Die anderen Jungs waren in vollen Stadien, konnten ein bisschen kicken, und ich saß zu Hause rum und musste mir das angucken“, schilderte er. „Natürlich willst du viel lieber selbst mitspielen. Deswegen war es klar, dass ich einen neuen Verein brauchte und da raus musste. Ich möchte wieder zeigen, was ich kann.“
Lange Zeit sah es so aus, als würde der gebürtige Berliner das bei seinem Jugendverein Hertha BSC tun, doch dann kam dort die Entlassung des Sportchefs Fredi Bobic dazwischen. „Bis Samstagabend hatte ich nur diese Offerte. Als dann diese Sache passierte, ist es natürlich ganz anders gewesen. Mir war bewusst, dass es jetzt unruhig in Berlin werden könnte, aber dazu möchte ich mich nicht weiter äußern, das ist nicht mein Schuh“, betonte Maximilian Philipp. „Von der Tabellensituation habe ich meinen Wechsel jedenfalls nicht abhängig gemacht. Ich wollte zu einer Mannschaft, bei der ich die Chance auf Spielzeit habe. Da wäre es mir auch egal gewesen, wenn Werder 18. gewesen wäre.“
Neuzugang Maximilian Philipp nimmt sich bei Werder Bremen Mitchell Weisers Weg als Vorbild
Nun wird der Angreifer, den alle nur „Milli“ nennen, auch bei Werder Bremen nicht problemlos in die Startelf kommen. Niclas Füllkrug ist aktuell unantastbar, darüber hinaus hat Trainer Ole Werner bisher als Nebenmann stets Marvin Ducksch vertraut – allerdings fehlte es auch an passenden Alternativen. Maximilian Philipp kommt zugute, dass er auch als Achter oder Zehner Qualitäten mitbringt. Und doch: „Keiner hat hier einen Freifahrtschein, aber die Jungs haben natürlich gute Leistungen gezeigt“, meinte der Rechtsfuß. „Ich bin der Neue, der Herausforderer und will natürlich spielen. Aber dafür muss ich Leistung zeigen. Tue ich das nicht, dann spiele ich auch nicht. Ganz einfach. Ich muss mich beweisen und mir den Arsch aufreißen. Dann wird sich zeigen, ob ich belohnt werde oder nicht.“
In einer ganz ähnlichen Situation wie Maximilian Philipp hat vor knapp anderthalb Jahren schon ein anderer Profi des SV Werder Bremen gesteckt: Mitchell Weiser. Der Rechtsaußen war bei Bayer Leverkusen auf dem Abstellgleis, startete dann aber mit leichter Verzögerung in Bremen wieder richtig durch. Eine Entwicklung, die auch Philipp beeindruckt hat, der einst mit Weiser zusammen den U21-Titel holte. „Was Mitch durchlaufen hat und wie er selbst in der schwierigsten Phase an sein Potenzial geglaubt hat, sollte ein Beispiel für jeden sein“, unterstrich der 28-Jährige. „Er brauchte wahrscheinlich auch ein Umfeld, das ihm vertraut und auf seine Qualitäten setzt. Wenn es bei mir genauso laufen würde, wäre ich natürlich glücklich.“
Maximilian Philipp kann sich nach seiner Leihe einen Verbleib bei Werder Bremen vorstellen
Die weitere Geschichte ist bekannt. Weiser wechselte nach seiner Leihe ablösefrei an den Osterdeich, inzwischen ist er absoluter Leistungsträger des Teams. Maximilian Philipp besitzt beim VfL Wolfsburg zwar noch einen Vertrag bis zum Jahr 2025, und die aktuelle Leihe ist nur bis zum kommenden Sommer vorgesehen, doch der Neuzugang ließ durchblicken, dass er bei seinem Transfer durchaus perspektivisch denkt. „Man sieht, was Werder für ein großer Club ist. Und natürlich gehst du nicht für ein halbes Jahr zu irgendeinem Verein, von dem du weißt, dass du hier eigentlich gar nicht bleiben willst.“
Vertiefen könnte er dieses Thema noch mit einem Mann, der sehr gut weiß, wie es sich anfühlt, Werder Bremen und die Stadt im Herzen zu tragen: Ex-Werder-Trainer Florian Kohfeldt. Der war bekanntlich auch mal Chefcoach beim VfL Wolfsburg, wohnt weiter in Bremen und trainierte einst auch Maximilian Philipp. „Flo hat mir geschrieben und mich auf einen Kaffee eingeladen“, erzählte der Stürmer lächelnd. „Das Angebot nehme ich auch gerne an.“ Manchmal sind es eben die kleinen Dinge, die schon dafür sorgen können, dass man sich wohlfühlt. Nun liegt es an Maximilian Philipp, dass auch das sportliche Glück zurückkehrt. (mbü)