Hatte Jiri Pavlenka, der sich dank seiner starken Reflexe auf der Linie in Bremen einst den Spitznamen „Krake“ verdient hatte, die ersten sechs Pflichtspiele der laufenden Saison noch wegen hartnäckigen Rückenproblemen verpasst, sitzt er nun seit vier Partien auf der Bank, weil Werder-Trainer Markus Anfang seinen einstigen Stellvertreter Michael Zetterer mittlerweile zu seinem Nachfolger gemacht hat. Da der 26-Jährige seit Wochen mit soliden bis guten Leistungen überzeugt, gibt es für Anfang keinen Grund, ihn wieder aus der Mannschaft zu nehmen. „Es ist sicherlich eine schwierige Zeit für ihn“, sagte der Coach kürzlich über Pavlenka – und hob hervor: „Er ist unverschuldet in diese Situation gekommen, weil er verletzt war. Aber Zetti hat seine Leistung gebracht. Und wenn wir den Leistungsgedanken vorne anstellen, dann müssen wir so handeln.“ Dann wird – denn so läuft es im Profifußball nun mal – aus dem seit 2017 unangefochtenen Stammtorhüter plötzlich der Ersatzmann. Was Pavlenkas Zukunft bei Werder Bremen freilich in ein ganz anderes Licht rückt.
Zum einen, weil das Interesse des 29-Jährigen, bei Werder ein neues Arbeitspapier zu unterschrieben, nicht eben größer geworden sein dürfte, seit er nicht mehr spielt. Und zum anderen, weil sich der Verein für eine Nummer 2 finanziell sicher nicht mehr so sehr streckt, wie er es bei Pavlenka noch vor einigen Wochen getan hätte. Grundsätzlich, das betont Sportchef Frank Baumann, ist es für Werder Bremen nach wie vor interessant, mit Jiri Pavlenka zu verlängern. Die Frage ist nur, ob sich der Keeper auch auf die neuen Konditionen einlässt.
Falls nicht, könnte er im Sommer 2022 ablösefrei gehen. Ein Szenario, das am Osterdeich vor nicht allzu langer Zeit noch für heftige Schweißausbrüche gesorgt hätte, inzwischen aber viel von seinem Schrecken eingebüßt hat. Erstens, weil schon während des vergangenen Transferfensters kein Club bereit war, für den damals noch Stammtorhüter Jiri Pavlenka eine stattliche Ablösesumme zu bezahlen. Und zweitens, weil der Marktwert des Tschechen, der aktuell auf 5,5 Millionen Euro geschätzt wird, künftig deutlich fallen dürfte, sollte Pavlenka nicht bald ins Tor zurückkehren. Der des drei Jahre jüngeren Zetterer (800.000 Euro) dürfte hingegen bei regelmäßiger Spielzeit zulegen. Deshalb und auch weil Zetterer seinen Vertrag bei seiner Rückkehr aus Zwolle langfristig verlängert hatte, plant Werder inzwischen fest mit ihm für die Zukunft.
Jiri Pavlenka hat all diese Zeichen natürlich erkannt und wird sich seine Gedanken machen. Grundsätzlich, das hatte der Schlussmann in der Vergangenheit mehrfach betont, fühlt er sich in Bremen sehr wohl. Er gilt als bodenständig, als Familienmensch. Zur Erinnerung: 2019 war für ihn ein Wechsel kein Thema gewesen, weil er in dem Jahr zum ersten Mal Vater geworden war und er die gewohnte Umgebung mit seiner jungen Familie nicht verlassen wollte. Inzwischen erwartet Pavlenkas Frau das zweite gemeinsame Kind, was zumindest nahelegt, dass der Torhüter nicht mit aller Macht weg möchte. Dauerhaft als Nummer zwei sieht er sich aber auch nicht. Pavlenka will (und muss) spielen, nicht zuletzt deshalb um seinen Status im tschechischen Nationalteam nicht zu verlieren, wo er den Traum von der Nummer 1 noch nicht aufgegeben hat.
Am Ende könnte ein Wechsel im Winter, so es denn ein passendes Angebot geben sollte, für alle Seiten sinnvoll sein. Für Werder Bremen, weil es dann wenigstens noch eine kleine Ablöse gäbe, und für Jiri Pavlenka, weil er andernorts wieder spielen könnte, sprich bei entsprechenden Jubelszenen wie der vom vergangenen Freitag endlich wieder mittendrin wäre. (dco) Lest auch: Schmid verpasst bei Werder immer wieder „die Momente, auf die es ankommt“!