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Zähes Ringen: Wie Hansa Rostock dem SV Werder das Leben schwer machte – die Taktik-Analyse

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Von: Tobias Escher

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Hinten raus wurde es für Werder Bremen gegen den FC Hansa Rostock noch mal eng, doch am Ende ging der Matchplan von Ole Werner auf - die Taktik-Analyse.
Hinten raus wurde es für Werder Bremen gegen den FC Hansa Rostock noch mal eng, doch am Ende ging der Matchplan von Ole Werner auf - die Taktik-Analyse. © imago images / Andy Buenning/ Eibner-Pressefoto

Rostock - Zäher Kampf statt Spektakel: In einem chancenarmen Spiel ringt Werder Bremen Gegner Hansa Rostock mit 2:1 nieder. Werder um Erfolgstrainer Ole Werner tat sich lange Zeit schwer mit den defensiv auftretenden Rostockern, analysiert DeichStube-Taktikkolumnist Tobias Escher. Dafür konnten die Bremer auf ein Sturm-Duo bauen, das aus allen Lagen trifft.

Siebtes Spiel, siebter Sieg: Ole Werners Serie hielt auch gegen Hansa Rostock. Wenig überraschend stünde Werder Bremen mit Abstand auf dem ersten Rang der 2. Bundesliga, würde man eine Tabelle berechnen seit dem Amtsantritt von Trainer Ole Werner. Doch nicht nur in der Punkte-Tabelle stünde Werder weit vorne, sondern auch bei den Torjägern. Unter dem neuen Trainer traf Marvin Ducksch in jeder Partie, sieben Tore gehen auf sein Konto. Auch Niclas Füllkrug kommt bereits auf fünf Treffer. In einer Torjäger-Tabelle der Werner-Zeit stünden sie auf Rang zwei und drei; nur HSV-Stürmer Robert Glatzel traf in dieser Zeitspanne öfter (neunmal). Auch gegen Hansa Rostock war das Bremer Sturmduo der entscheidende Faktor.

Werder Bremen gegen Hansa in der Taktik-Analyse: Das Rostocker Bollwerk

Ole Werner vertraute abermals auf jene Formation, die Werder derzeit von Sieg zu Sieg führt. Einzig in der Innenverteidigung nahm er einen Wechsel vor: Lars Lukas Mai ersetzte den angeschlagenen Milos Veljkovic. Werner blieb somit dem altbekannten 3-5-2-System treu. Hansa Rostock begann in einer Mischung aus 4-2-3-1 und 4-1-4-1. Nach vorne rückten die Rostocker dabei nur punktuell. Zumeist stellte sich das Team von Trainer Jens Härtel in der eigenen Hälfte auf. Zehner Hanno Behrens ließ sich ins Mittelfeld fallen, während Sechser Lukas Fröde die Viererkette aufstockte. Somit verteidigte Hansa manches Mal in einem 5-4-1. Besonders Frödes Rolle war interessant: Als Sechser hatte er den Blick stets auf die Stürmer des SV Werder Bremen gerichtet. Sobald sich Füllkrug oder Ducksch ins Zentrum bewegten, ließ er sich zurückfallen und half bei der Deckung der Stürmer. Wenn die Stürmer eher nach Außen auswichen oder sich fallenließen, rückte Fröde weiter vor. So hatte Hansa in der ersten Halbzeit meist eine Antwort auf jede Bewegung des Bremer Sturm-Duos.

Werder Bremen um Trainer Ole Werner kann das eigene Tempo nicht nutzen: Die Taktik-Analyse zum 2:1-Sieg gegen Hansa Rostock

Es war in der Tat ein schwieriges Spiel für die Bremer. Sie mussten einen tiefstehenden Gegner knacken. Die erfolgreichen Methoden der vergangenen Spieltage wollten nicht so recht funktionieren. Auch gegen Rostock spielte Werder Bremen mit viel Risiko, viele Bälle in die Spitze gingen verloren. Doch die direkte Wiedereroberung des Balls gelang selten: Rostock positionierte sich auch nach Balleroberungen tief, es gab immer mehrere Anspielstationen um den Ball. So kam Rostock zwar nicht zu Kontern, Hansa verlor jedoch auch selten den Ball.

Auch eigene Konter konnte Werder Bremen selten zu Ende spielen. Auch hier spielte die Rostocker Vorsicht hinein: Bei eigenen Angriffen rückten meist nur die vier vordersten Akteure auf. Nach Ballgewinnen musste Werder also immer noch sechs gegnerische Akteure überspielen. Selbst wenn die Mannschaft von Ole Werner einmal Tempo aufnahm, wurde sie rüde gestoppt: Hansa nutzte taktische Fouls, um Gegenstöße zu unterbinden. Nicht zufällig kassierten die Hausherren bereits vor der Pause drei Gelbe Karten. Somit blieb Werder nur der Weg, aus dem Spielaufbau zu Chancen zu gelangen. Das wollte aber nicht so recht gelingen: Leonardo Bittencourt und Romano Schmid rieben sich am engen Mittelfeld des Gegners auf. Rechtsverteidiger Mitchell Weiser versuchte permanent, vorne Überzahlen zu schaffen. Doch auch er blieb wirkungslos. Gegen das kompakte Zentrum der Rostocker kamen die Bremer nicht an. Immerhin hatten die Bremer keine Mühe, die Rostocker Angriffe zu verteidigen. Bis zur Halbzeitpause gab es gerade einmal zwei Schüsse, bei denen die Torhüter eingreifen mussten.

Werder Bremen gegen Hansa Rostock in der Taktik-Analyse: Geniestreiche genügen zum Sieg

Nach der Pause war Werder Bremen gewillt, das Spiel etwas schneller zu gestalten. Sie griffen nun vermehrt über die (halb-)linke Seite an. Anthony Jung rückte nun weiter nach vorne, Schmid bot sich hier aktiver an. Diese Idee passte zum Rostocker System: Behrens befand sich als Mischung aus Zehner und zentraler Mittefeldspieler häufig auf dem Sprung nach vorne. Hinter ihm fand Werder im engen Zentrum zumindest in wenigen ausgewählten Situationen Räume. So auch vor dem 0:1, das jedoch mehr als Geniestreich von Ducksch einzustufen ist (54.).

Die defensive Aufstellung von Hansa Rostock: Lukas Fröde befand sich im Zentrum immer auf dem Sprung zwischen Sechser-Position und Abwehrkette. Am Ehesten fand Werder Bremen Räume hinter Hanno Behrens, der manches Mal etwas höher agierte als seine Kollegen.
Die defensive Aufstellung von Hansa Rostock: Lukas Fröde befand sich im Zentrum immer auf dem Sprung zwischen Sechser-Position und Abwehrkette. Am Ehesten fand Werder Bremen Räume hinter Hanno Behrens, der manches Mal etwas höher agierte als seine Kollegen. © DeichStube

Der Führungstreffer erleichterte Werder Bremen das Spiel. Hansa Rostock musste nun zumindest minimal offensiver agieren. Fortan griffen die Rostocker häufiger im 4-2-3-1 an, nur noch selten verbarrikadierten sie sich mit neun Mann am eigenen Strafraum. Die Auswechslung von Fröde (58.) sorgte wiederum davor, dass kein zusätzlicher Spieler in die Abwehr half. Werder öffneten sich Räume zum Kontern. So auch in der 74. Minute, als Niclas Füllkrug sich gegen zwei Verteidiger durchzusetzen wusste (74.).

Hundertprozentig souverän agierte Werder Bremen auch mit der 2:0-Führung im Rücken nicht. Ein langer Ball der Rostocker führte sogar noch zum Anschlusstreffer (83.). Doch insgesamt blieb der Aufsteiger zu harmlos. Trotz einer Umstellung auf ein offensives 4-1-3-2 in den Schlussminuten fiel den Rostockern nichts Anderes ein, als lange Bälle in die Bremer Hälfte zu schlagen. So mag Werder zwar im Gegensatz zu den spektakulären Siegen der vergangenen Woche keine Glanzleistung gezeigt haben. Gerade in der ersten Halbzeit fehlten Ideen und Mechanismen, die kompakten Rostocker auszuspielen. Doch wohl dem, der ein Sturm-Duo aus Ducksch und Füllkrug aufbieten kann. Gegen Rostock machten die beiden Stürmer aus ganz wenig ganz viel – und ermöglichten Werder somit den siebten Sieg in Serie.

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