Der Stendaler war froh, überhaupt wieder in einem nationalen Boot zu sitzen, hing doch seine Sportlerlaufbahn im vergangenen Herbst am seidenen Faden. „Ich hatte eine schwerere Rückenverletzung, mein Karriere-Aus stand im Raum“, berichtete Paul Berghoff, der es mit der Unterstützung der Physiotherapeuten am Olympia-Stützpunkt in Magdeburg, seinen Trainern und eisernem Willen wieder zurück in die nationale Spitze in seiner Altersklasse schaffte. „Ab Januar konnte ich wieder trainieren und meine Leistung bei den folgenden Überprüfungswettkämpfen wieder abrufen.“ Paul Berghoff ist derzeit der zweitschnellste Einer-Ruderer seiner Altersklasse in Deutschland und hatte damit sein WM-Ticket sicher. Schließlich ging es in den Doppelvierer, der am Ende silbern glänzte.
Moritz Müller gab in Italien sein Debüt in der National-Mannschaft. „Es war ein großartiges Gefühl, als ich nach der Deutschen Meisterschaft erfahren habe, dass ich mit ins Trainingslager zur WM-Vorbereitung nach Berlin-Grünau darf“, berichtet der Altmärker, der sich durch gute Ergebnisse bei den Ausscheidungen in Krefeld, Duisburg, München und Köln für eine WM-Teilnahme empfohlen hatte. Ausschlaggebend waren auch seine guten Leistungsdaten auf dem Ruder-Ergometer und im Messboot. „Ich bin nicht der technisch Sauberste im Boot, ich versuche es über meine Größe und Kraft auszugleichen“, erklärt der Sportschüler, der auch einen kleinen Einblick in sein Trainingsprogramm gibt. Zwei Einheiten täglich stehen neben der Schule auf dem Programm. Wenn Wettkämpfe anstehen, wird auch am Wochenende trainiert. „In Magdeburg ist das Trainingspensum höher als an anderen Stützpunkten. Anscheinend hilft es ja, denn fast alle aus unserer Trainingsgruppe waren bei der Weltmeisterschaft dabei.“
Das dreiwöchige Trainingslager in Berlin war noch härter, dreimal täglich wurde trainiert. Neben dem Rudern auf dem Wasser standen auch Kardioeinheiten oder sogar Zumba auf dem Plan. „Zumba sorgt immer für viel Spaß“, berichtet Moritz Müller, der schließlich für den Achter ausgewählt wurde.
Auf dem Lago di Varese sorgte der deutsche U19-Achter für eine Überraschung. Von einem Start-Ziel-Sieg des DRV-Bootes konnte angesichts der starken Endlauf-Konkurrenz im Vorfeld niemand ausgehen. „Aber nach unserem Vorlauf haben wir uns schon etwas ausgerechnet“, sagte Tom Hesse, der beim SC Magdeburg mit Moritz Müller stets in einem Boot sitzt. Das in Berlin zusammengestellte Boot harmonierte schon sehr gut. Nach dem besten Start lagen die Schützlinge von Trainer Johannes Karg schon bei der 500-Meter-Marke vor Großbritannien und den USA in Führung. Diese Reihung sollte sich bis ins Ziel nicht mehr verändern, der Deutschland-Achter stellte sogar eine neue WM-Bestzeit für diese Altersklasse auf. Und so konnten Moritz Müller und Tom Hesse nach der Siegerehrung gemeinsam mit Johannes Benien (RV Dorsten), Carl Sgonina (Dresdner RC), Tobias Strangemann (RV Dorsten), Aaron Fuchs (Berliner RC), Leonhard Goez (RK am Wannsee) und Paul Stern (Dresdner RC) Steuerfrau Lina Mistera (Alster RV Hanseat) in die Luft werfen. „Als ich vor vier Jahren angefangen habe hatte das keiner gedacht, dass es irgendwann soweit reichen kann, dass ich zu einer WM fahre und dann auch noch Weltmeister werde“, meinte Moritz Müller nach seinem bisher größten sportlichen Erfolg.
Nach den Erfolgen bei der Weltmeisterschaft sieht die weitere sportliche Zukunft für die beiden Altmärker rosig aus. Moritz Müller möchten den Erfolg auch im nächsten Jahr in der U19 wiederholen und seinem großen Vorbild Richard Schmidt, der 2012 in London mit dem Deutschland-Achter Gold sowie in Rio und Tokio Silber holte, nachzueifern. „Er ist für uns Riemen-Ruderer eine Legende, ein Vorzeigeathlet des Deutschland-Achters.“ Dabei muss es nicht immer der Achter sein, Moritz Müller reizen auch Wettkämpfe im Vierer oder Zweier.
Für Paul Berghoff beginnt indes in wenigen Tagen ein neuer Lebensabschnitt. Der Stendaler beginnt in Kienbaum eine Ausbildung bei der Bundespolizei. „Beruf und Sport lassen sich dort gut verbinden, viele Ruderer sind aufgrund der optimalen Förderung bereits diesen Weg gegangen.“ Paul Berghoff will noch ein Jahr in der U23 starten, danach erfolgt der Wechsel in den Männerbereich, wo der Altmärker an seine bisherigen Erfolge anknüpfen möchte.