Es ist knapp drei Wochen her, da stand Maja Böhme (18) beim SV Germania Tangerhütte im Mittelpunkt. KFV-Präsident Michael Müller war angereist, um die Tausendsasserin ihres Vereins als „DFB-Fußballheldin 2022/23“ zu ehren. Ausgezeichnet wurde Böhme für ihre ehrenamtlichen Verdienste neben dem Platz, die sie sich als Betreuerin der Herren und Trainerin im Nachwuchs erworben hatte. Nun darf die 18-Jährige bald wieder auf den Platz zurückkehren, in den Farben ihres Heimatvereins.
„Ich habe mich sehr gefreut, als ich davon gehört habe, was da beschlossen wurde“, sagt Böhme im Gespräch mit der Altmark-Zeitung. „Für mich ist es einfach besser, hier zu spielen, als in einer reinen Frauenmannschaft. Mit den Jungs hier spiele ich seit 14 Jahren zusammen. Germania Tangerhütte ist mein Verein und ich finde es auch anspruchsvoller, mit und gegen Jungs zu spielen.“
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat das Pilotprojekt „Gemischtes Spielen“ bereits vor knapp einem Jahr auf den Weg gebracht. In anderen Ländern wie den Niederlanden gibt es diese Möglichkeiten sogar schon länger. Die Nachfrage in Deutschland hielt sich zunächst in Grenzen. In Bayern und Bremen hat man das Thema bereits aufgegriffen, nun traut sich also auch Sachsen-Anhalt diesen etwas progressiveren Schritt zu.
Für Michael Müller, Präsident des Kreisfachverbands Fußball Altmark-Ost (KFV), eine positive Entscheidung. „Ich bin ein großer Fürsprecher des ‘Gemischten Spielens’, weil es im ländlichen Raum die Möglichkeiten für die Frauen verbessert, am Spielbetrieb teilzunehmen. Ansonsten war das für viele ja oft mit großem Aufwand verbunden“, so der KFV-Präsident. Er selbst kenne einige Frauen, die auf diesen FSA-Beschluss regelrecht gewartet hätten. Neben Maja Böhme gibt es beispielsweise auch bei Germania Klietz die eine oder andere Dame, die sich auf dem Platz gerne mal mit den Herren der Schöpfung messen wolle. Nun ist der Weg dazu frei. Und das fast schon in einem Rekordtempo zur neuen Saison.
„Fußballheldin“ Böhme kann ihr Glück selbst kaum fassen. „Ich wusste ja, dass es das woanders schon gibt und habe gewartet, dass es bei uns auch endlich möglich ist. Als die Nachricht jetzt kam, war ich schon ein bisschen überrascht. Sonst sind wir ja bei so was eher immer die Letzten“, schildert die Tangerhütterin ihre erste Reaktion, als sich die Nachricht am Mittwochnachmittag verbreitet hatte. Nun möchte sich die 18-Jährige in Form bringen, um pünktlich zur neuen Saison auch bereit zu sein und die Chance zu nutzen.
Begonnen hat sie ihre fußballerische Laufbahn in der Jugend des SV Germania Tangerhütte. Sie spielte für die FSA-Landesauswahl, besuchte mehrere DFB-Lehrgänge und kickte zwei Jahre für den Magdeburger FFC, ehe sie von Knieverletzungen ausgebremst wurde. Im vergangenen Jahr suchte Böhme ihr Glück bei Verbandsligist Medizin Uchtspringe, fand es aber nicht und trainierte fortan nur zwei Mal in der Woche mit „ihren Jungs“ des SV Germania. Nun freut sie sich auf ihre Rückkehr auf den Platz. Angst zu scheitern hat Böhme keine: „Ich bin bald wieder fit. Wenn ich dann Spielpraxis bekomme, kommt alles wieder, ich setze mich schon durch!“
Den Moment, an dem in seinem KFV gemischt gespielt wird, sehnt Präsident Müller durchaus herbei. Zum einen sei diese Entscheidung in seinen Augen „zeitgemäß und modern“, zum anderen sei sie unverzichtbar im Kampf gegen den größten Feind des altmärkischen Amateurfußballs: Den demografischen Wandel.
„Bei diesem Thema gibt es nicht die eine große Lösung, sondern nur viele kleine“, erklärt Müller, „das ‘Gemischte Spielen’ ist wieder ein kleiner, guter Schritt, um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken und das Fußballspielen im ländlichen Raum weiter möglich zu machen.“ Ein anderer Step, den der KFV Altmark-Ost diesbezüglich bereits gegangen ist, war beispielsweise die Einführung des „Norweger Modells“ im vergangenen Sommer.
Der Fußball in der Altmark und in Sachsen-Anhalt soll weiter auf möglichst vielen Sportplätzen rollen. Der KFV hat bewiesen, dafür keine kreativen Ideen zu scheuen und keine Denkverbote zu erteilen. Nun hat auch der FSA ein Zeichen gesetzt, das zukunftsfähig ist und an der Basis gut ankommt. Vor allem in Tangerhütte und Klietz, wo demnächst wahrscheinlich gemischt gespielt wird.