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Altbauliebe: Wann sich eine Sanierung lohnt

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Altbau-Sanierung: Das kann teuer werden.
Split, Schutt, Asbest: Mancher Bauherr ist überrascht, was bei der Sanierung seines Altbaus alles zutage kommt. © revelpix, iStockphoto

Altbauten haben ihren Charme. Mancher Bauherr meint, mit dem Kauf eines älteren Hauses ein Schnäppchen zu machen und unterschätzt dabei, wie hoch der Sanierungsbedarf der Immobilie ist. Hier erfahren Sie, ob sich die Investition lohnt!

Häuser aus den 50er- und 60er-Jahren galten lange als Bausünden. Doch in Zeiten von Wohnungsknappheit und explodierenden Grundstückspreisen gewinnen die einst verpönten „Kästen“ an Attraktivität. Ganz besonders, wenn es sich um ein vermeintliches Schnäppchen handelt. Auch hat der schlichte Midcentury-Stil inzwischen wieder viele Fans.

Wer Glück hat, ergattert also für einen guten Preis eine Perle aus den Wirtschaftswunderjahren. Auf den ersten Blick scheint alles gut in Schuss zu sein: Das Dach ist drauf, die Wände stehen, Wasser und Strom gibt es auch. Ein bisschen neue Farbe und schon erstrahlt der alte Kasten im neuen Glanz, denkt mancher Hausherr – und irrt.

Sanierung: Informieren geht über Spekulieren

Nach dem Kauf entpuppt sich das vermeintliche Schnäppchen manchmal zu einem Geldfresser: Die Rohre sind undicht, die Dämmung entspricht nicht den Vorgaben der Energiesparverordnung und die Elektrik ist marode. Oft sind Keller und Wände feucht oder das Dach undicht. Das wird teuer. Informieren Sie sich daher unbedingt vor der Kaufentscheidung, welche Sanierungsarbeiten auf Sie zukommen. Als Faustregel gilt: Für die Sanierung des Altbaus sollten Sie mindestens noch einmal die Hälfte des Kaufpreises einkalkulieren.

Gerade in der Nachkriegszeit wurde in Deutschland viel und billig gebaut. In den Wänden finden sich zum Beispiel oft Schutt und Ziegelsplitt. Da in den 50er-Jahren noch nicht alle Häuser gegen die Feuchtigkeit aus dem Erdreich abgesichert wurden, gibt es oft Probleme mit feuchten Wänden. Aus einem Hobbyraum oder Gästezimmer im Keller wird dann meist nichts.

In den 60er-Jahren wurde meist mit Beton gebaut, was etwas hochwertiger ist. Doch häufig entstanden dabei Wärmebrücken, die zu Bauschäden führen können. Zudem stellt sich oft während der Sanierung heraus, dass gesundheitsschädigende Stoffe wie formaldehydhaltige Holzschutzmittel verwendet wurden. Nicht selten sind die Zimmer klein, die Fenster einfach verglast, Keller und Dachgeschoss nicht ausgebaut. Auch Annehmlichkeiten wie ein Balkon, ein Fahrstuhl oder eine Tiefgarage waren in der Nachkriegszeit Luxus und können oder dürfen nicht überall nachgerüstet werden.

Umweltschutz muss sein – und wird teuer

Vor allem die Energieeinsparverordnung, kurz EnEV, kann Hausbesitzer teuer zu stehen kommen. Zwar wird niemand gezwungen, sein Haus im großen Stil energetisch zu sanieren. Doch wenn Sie Ihren Altbau umfassend erneuern möchten, dann sollten Sie ihn den Vorgaben der EnEV entsprechend sanieren – sonst drohen Busgelder bis zu 50.000 Euro. Hierzu ein Beispiel: Angenommen, Sie möchten die Hälfte Ihrer Hausfassade erneuern. Das können Sie nur rechtskonform umsetzen, wenn Sie diese Fläche auch dämmen lassen. Möchten Sie allerdings nur einen kleinen Riss in der Fassade ausbessern beziehungsweise nicht mehr als zehn Prozent der Fassade erneuern, dann ist laut der EnEV keine zusätzliche Fassadendämmung nötig.

Neue Fenster schlagen grob gerechnet mit 20.000 Euro, ein neues Heizungssystem ebenfalls mit rund 20.000 Euro zu Buche. Für ein komplett neues Dach müssen Sie etwa mit 30.000 Euro rechnen. Dazu kommen Elektrik, Bad einschließlich neuer Rohre, Küche, Malerarbeiten, Böden und, und, und. 150.000 bis 200.000 Euro sind da schnell zusammen. Wollen Sie zusätzlich Wände versetzen, einen Balkon nachrüsten oder Ähnliches, sollten Sie genau durchrechnen, ob sich der Kauf eines Neubaus mehr lohnt.

Altbauten haben meist eine gute Lage

Nachkriegsbauten haben auch Vorteile: Die Häuser liegen meist zentral, in charmanten, komplett erschlossenen Vierteln. Es entfallen also Erschließungskosten für Wasser und Strom, zudem müssen Sie kaum befürchten, dass Ihre Aussicht durch ein neu entstehendes Mehrfamilienhaus verbaut wird. Anders, als in einem Neubauviertel, haben Sie auch kaum Baulärm vom Nachbargrundstück zu befürchten. Außerdem können Sie vor dem Kauf bereits einen ersten Eindruck von der Nachbarschaft gewinnen.

Lohnen sich der Kauf und die Sanierung eines Altbaus?

Wie alles im Leben hat auch der Kauf eines Altbaus zwei Seiten. Ob sich diese Investition und die Sanierung im Vergleich zu einem Neubau lohnt, hängt vom Kaufpreis ab: Übersteigt er zusammen mit den Sanierungskosten die Kosten eines Neubaus, ist aus finanzieller Sicht davon abzuraten. Ist der Kaufpreis allerdings so günstig, dass er zusammen mit den Sanierungskosten deutlich unter dem Preis eines Neubaus liegt, würde sich der Altbaukauf lohnen. Achten Sie deshalb auf Schnäppchen aus Zwangsversteigerungen oder Erbgemeinschaften und investieren Sie in einen unabhängigen Bausachverständigen. Er kann Ihnen vor der Kaufentscheidung eine realistische Kostenschätzung für die Sanierungsarbeiten nennen. Zudem erstellt er eine Diagnose über den Zustand des Gebäudes und sucht nach möglichen Schadstoffbelastungen.

Mit der Sanierung ist es noch nicht getan: Ganz gleich ob Alt- oder Neubau – denken Sie daran, Geld für die Instandhaltung Ihrer vier Wände beiseitezulegen. Kalkulieren Sie hierfür etwa einen Euro pro Quadratmeter und Monat ein. Bei einem Altbau gerne auch etwas mehr, denn nach der Sanierung ist vor der Sanierung.

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