Putin hat mit Ukraine-Krieg sein „eigenes Todesurteil unterschrieben“

Angesichts des Ukraine-Kriegs regt sich in Russland der Widerstand – insbesondere gegen Putin. Das glaubt zumindest die Ehefrau eines inhaftierten Oppositionellen.
Moskau – Seit dem 11. April sitzt Wladimir Kara-Mursa, russischer Journalist und Oppositioneller, im Gefängnis. Elf Tage später wurde er von Moskau als „ausländischer Agent“ eingestuft. Darüber hinaus wurde ein Strafverfahren aufgrund von „Falschaussagen über die russische Armee“ eröffnet. Der Grund: Mitte März hielt der Politiker eine Rede vor dem Repräsentantenhaus des US-Staates Arizona und verurteilte darin den Ukraine-Krieg.
Schon am Tag ihres Treffens mit Außenminister James Cleverly in London warnte Ehefrau Evgenia Kara-Mursa die britische Regierung, dass ihr Ehemann, ein britischer Staatsbürger, der bereits zweimal vom russischen Spionagedienst FSB vergiftet worden sein soll, möglicherweise um sein eigenes Leben fürchten müsse. Als Aktivist und Regimekritiker arbeitete Wladimir Kara-Mursa 15 Jahre lang an der Seite von Boris Nemzow, einem im Jahr 2015 erschossenen Oppositionsführer.
Ukraine-News: Russischer Oppositioneller wurde offenbar bereits vor dem Ukraine-Krieg vergiftet
„Wenn man diesen Krieg als Krieg bezeichnet und nicht als ‚Spezialoperation‘, wie die Regierung ihn nennen will, kann man im Grunde genommen bis zu 15 Jahre ins Gefängnis kommen“, sagte Evgenia Kara-Mursa der britischen Tageszeitung The Guardian. Ihrem Ehemann drohen nun „bis zu zehn Jahre“.
An der Entscheidung ihres Mannes, als Regimekritiker immer wieder nach Russland zurückzukehren, hatte sie nie Kritik geübt. „Er war der Meinung, dass er als russischer Politiker die Menschen nicht zum Weiterkämpfen aufrufen kann, wenn er selbst irgendwo in Sicherheit ist“, sagte Evgenia Kara-Mursa. Ein Gerichtstermin wurde indes noch nicht angekündigt, da die Behörden möglicherweise weitere Anschuldigungen erheben könnten.
Davon lässt sich Evgenia Kara-Mursa jedoch nicht beeindrucken. „Unsere Familie lebt schon seit langem so“, sagte die Mutter von drei Kindern. „Er wurde von einem FSB-Team [russischer Geheimdienst] ins Visier genommen, das zweimal, 2015 und 2017, versuchte, ihn zu töten“, sagte sie. „Beide Male lag Wladimir im Koma und erlitt multiples Organversagen. Und ich habe ihn zurück in die USA gebracht. Er erholte sich und kehrte dann nach Russland zurück.“
Die Verhaftung ihres Mannes und ihre Kampagne für seine Freilassung hätten sie aber gezwungen, ihre Rolle zu ändern. „Fakt ist, dass ich noch nie eine öffentliche Person war. Ich war noch nie eine öffentliche Rednerin, also lerne ich alles, was ich heute tue, Tag für Tag.“
Ukraine-News: Widerstand in Russland regt sich
Trotz ihrer neuen Rolle scheut Kara-Mursa allerdings keine klaren Worte. Ihr Heimatland sei inzwischen von einem autoritären zu einem totalitären Regime übergegangen, es dominiere massive Unterdrückung und Propaganda. „Es gibt einen neuen eisernen Vorhang um dieses Land.“ Doch in ihren Augen widersetzt sich die russische Bevölkerung mehr und mehr:
„Ich glaube, dass Putin die Mobilisierung noch nicht ausgerufen hat, weil er weiß, wie die Menschen darauf reagieren werden. Aber vor ein oder zwei Wochen hieß es, dass bereits 11 Einberufungszentren in ganz Russland niedergebrannt worden seien. So protestieren die Menschen also, indem sie sagen: ‚Wir werden nicht in euren Krieg ziehen‘.“ Weiter sagte Kara-Mursa, dass Wladimir Putin mit der Eskalation des Ukraine-Konflikts „sein eigenes Todesurteil unterschrieben hat“. (nak)