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„The Global Zeitenwende“: Scholz erklärt Deutschlands neue Russland-Strategie – „Das Imperium schlägt zurück“

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Von: Patrick Mayer

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Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Olaf Scholz von der SPD.
Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Olaf Scholz von der SPD. © IMAGO/Bernd Elmenthaler

Olaf Scholz veröffentlicht eine neue Grundsatzrede zur deutschen Russland-Politik. Der Bundeskanzler richtet sich in dieser ungewohnt scharf an Putin.

Berlin/Moskau – Es sind deutliche Worte vom deutschen Regierungschef. Olaf Scholz (SPD) hat in einem Gastbeitrag für eine politische Zeitschrift Wladimir Putin abgekanzelt und Deutschland zum Vorreiter einer neuen Russland-Strategie erklärt. Der Kanzler rüffelte Moskau-Machthaber Putin in einem Aufsatz für das US-amerikanische Politikmagazin Foreign Affairs regelrecht und kündigte eine zeitnahe Nationale Sicherheitsstrategie an.

Olaf Scholz: Bundeskanzler veröffentlicht Aufsatz zur neuen deutschen Russland-Politik

Wohl in Anlehnung an das Sondervermögen für die deutsche Bundeswehr (100 Milliarden Euro) wählte Scholz für seine neuerliche Grundsatzrede den Titel „The global Zeitenwende“.

Putin warf er „die Rückkehr des Imperialismus nach Europa“ vor. „Russland bedient sich dabei einiger der grausamsten militärischen Methoden des 20. Jahrhunderts und bringt unsägliches Leid über die Ukraine. Abertausende ukrainischer Soldatinnen und Soldaten sowie Zivilistinnen und Zivilisten haben bereits ihr Leben verloren; viele weitere wurden verwundet oder sind traumatisiert“, erklärte der 64-jährige Sozialdemokrat: „In der Manier einer imperialen Macht unternimmt Russland nun den Versuch, Grenzen gewaltsam zu verschieben und die Welt erneut in Blöcke und Einflusssphären zu spalten.“

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Hamburgs früherer Bürgermeister richtete sich direkt an das Regime im Kreml. „Unsere Botschaft an Moskau ist glasklar: Wir sind entschlossen, jeden Zentimeter des NATO-Gebiets gegen jedwede Aggression zu verteidigen. Wir werden das feierliche Versprechen der NATO einlösen, demzufolge ein Angriff auf einen Bündnispartner als Angriff auf das gesamte Bündnis gewertet wird“, schrieb Scholz: „Wir haben Russland gegenüber auch deutlich gemacht, dass die jüngsten russischen Äußerungen in Bezug auf Nuklearwaffen fahrlässig und unverantwortlich sind.“

Mariupol, Irpin, Cherson und Isjum seien Orte, die die „Welt auf ewig an Russlands Verbrechen erinnern“ würden. Scholz forderte: „Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“ Über besagtem Absatz steht die Zwischenüberschrift: „Das Imperium schlägt zurück.“ Ob von der Redaktion oder vom Bundeskanzleramt eingefügt, ist nicht bekannt.

Olaf Scholz: Bundeskanzler wendet sich an Wladimir Putin

Die Welt dürfe nicht zulassen, „dass Putin seinen Willen durchsetzt. Wir müssen Russlands revanchistischem Imperialismus Einhalt gebieten“, meinte der Bundeskanzler weiter und erklärte in dem Beitrag für Foreign Affairs: „Deutschland kommt jetzt die wesentliche Aufgabe zu, als einer der Hauptgaranten für die Sicherheit in Europa Verantwortung zu übernehmen, indem wir in unsere Streitkräfte investieren, die europäische Rüstungsindustrie stärken, unsere militärische Präsenz an der NATO-Ostflanke erhöhen und die ukrainischen Streitkräfte ausbilden und ausrüsten.“

Wir sind entschlossen, jeden Zentimeter des NATO-Gebiets gegen jedwede Aggression zu verteidigen. 

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

Recherchen von Merkur.de zufolge sind aktuell rund 1500 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr an der NATO-Ostflanke stationiert: Panzergrenadiere in Litauen, mehrere Eurofighter-Kampfjets und -Piloten in Estland, ein deutsch-niederländischer Flugabwehrraketenverband in der Slowakei.

Scholz bekräftigte in seinem Aufsatz, dass Deutschland „mit einer Panzerdivision sowie umfangreichen Einsatzmitteln der Luftwaffe und Marine (alle in hoher Bereitschaft) zum neuen Streitkräftemodell der NATO beitragen“ werde. Zur Einordnung: Einzig eine Panzerdivision, Deutschland hat aktuell zwei davon, umfasst in der Regel zwischen 12.000 und 20.000 Soldaten.

Wegen Wladimir Putin: Olaf Scholz kündigt Nationale Sicherheitsstrategie an

„Deutschlands neue Rolle erfordert eine neue strategische Kultur, und die Nationale Sicherheitsstrategie, die wir in wenigen Monaten beschließen werden, wird diesem Umstand Rechnung tragen“, kündigte Scholz an: „Jetzt wird man sich an der Frage orientieren, welchen Bedrohungen wir und unsere Verbündeten in Europa gegenüberstehen, in erster Linie ausgehend von Russland.“

Es sei die weitreichendste Wende in der deutschen Sicherheitspolitik seit Gründung der Bundeswehr im Jahr 1955. „Das Ziel ist eine Bundeswehr, auf die wir uns und auf die sich unsere Verbündeten verlassen können. Um das zu erreichen, werden wir in Deutschland zwei Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren“, schrieb der SPD-Politiker.

Ukraine-Krieg: Olaf Scholz fordert von Wladimir Putin den Abzug russischer Truppen

An den russischen Präsident gerichtet, meinte er: „Zu den vielen Fehleinschätzungen Putins gehörte, darauf zu spekulieren, die Invasion der Ukraine würde die Beziehungen zwischen seinen Gegnern belasten. Tatsächlich ist das Gegenteil eingetreten: Die EU und das transatlantische Bündnis sind stärker als je zuvor.“ Scholz forderte schließlich: „Damit der Krieg beendet wird, muss Russland seine Truppen abziehen.“ (pm)

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