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CSU-Politiker über “Ausgehetzt“-Demo: „Übelste Hetze ohne jeglichen Anstand“ - Demonstranten droht Nachspiel

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Von: Maximilian Kettenbach, Klaus-Maria Mehr

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CSU-Generalsekretär Markus Blume findet keine schönen Worte über die Demonstration in München am Sonntag.
CSU-Generalsekretär Markus Blume findet keine schönen Worte über die Demonstration in München am Sonntag. © AFP/dpa

Zehntausende nehmen an der #ausgehetzt-Demo in München teil, um gegen die CSU-Politik zu protestieren. Die Partei versuchte mit einer eigenen Kampagne gegenzusteuern. CSU-Politiker reagieren mit drastischen Worten.

München - In ihrem Demonstrationsaufruf warfen die Veranstalter namentlich CSU-Chef Horst Seehofer, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt eine „verantwortungslose Politik der Spaltung“ vor. Nicht erst durch die AfD würden Hass und Ausgrenzung in der Politik eskalieren. „Wir setzen ein Zeichen gegen den massiven Rechtsruck in der Gesellschaft, den Überwachungsstaat, die Einschränkung unserer Freiheit und Angriffe auf die Menschenrechte.“

Zehntausende folgten dem Aufruf. Die Veranstalter sprechen von rund 50.000 Demonstranten. Die Polizei zählte anfangs 20.000 und hat dann auf 25.000 Menschen auf dem Königsplatz erhöht.

„Ausgehetzt“-Demo in München: Gegenkampagne auf Demonstrationsaufruf

Die CSU hatte auf den Demonstrationsaufruf kurzfristig mit einer Gegenkampagne reagiert. Sie hängte in der Stadt Plakate auf mit dem Aufdruck: „Ja zum politischen Anstand! Nein zu #ausgehetzt. Bayern lässt sich nicht verhetzen!“.

Im Netz kam diese Kampagne weniger gut an. Nicht wenige Twitter-Nutzer fanden deutliche bis spöttische Worte für die CSU-Kampagne.

Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber wies die Kritik der Demonstranten entschieden zurück. Die Vorwürfe seien „maßlos und in der Sache falsch“, sagte der Europapolitiker der Mediengruppe „Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung“ (Montag). Dass im Wahlkampf viele, vor allem linke Gruppen auf die Straße gingen, sei völlig normal. „Doch wer der CSU Extremismus vorwirft, der schadet der politischen Kultur“.

Expertin sicher: Die CSU ist nervös - wen wundert‘s?

Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch stimmt Blume und Co. teilweise zu. „Auch die CSU hat das Recht, sich gegen Vorwürfe zur Wehr zu setzen - und die Partei fühlt sich offenbar empfindlich getroffen“, sagt sie. Dennoch habe sich die Gegenwehr für die CSU nicht gelohnt. „Ich hätte der CSU eher geraten, den Protest einfach zur Kenntnis zu nehmen, das einfach über sich ergehen zu lassen.“ Nun habe sich aber gezeigt, „dass die CSU nicht mehr drüber steht“, dass sie das Gefühl habe, sich gegen Vorwürfe zur Wehr setzen zu müssen. „Weil das am Sonntag eben über das reine Oppositions-Milieu hinausging. Die Partei hat offenbar den Eindruck, es könnte ein stärkerer Funke überspringen, auch auf die eigene Klientel. Deshalb ist die CSU so empfindsam.“

Einerseits, sagt Münch, müsse man die Demo als legitimen Versuch der Opposition sehen, sich vor der Wahl zu positionieren. „Und aus deren Sicht ist das, was die CSU in der Asylpolitik betreibt, natürlich eine inhaltliche Steilvorlage.“ Man könne an den Demonstrationen aber nicht festmachen, „dass sich ein ganz neuer Aufstand gegen die CSU manifestieren würde“. „Das war ja nicht die Kernwählerschaft der CSU, die da protestiert hat“, betont Münch.

Andererseits sei es auch nicht nur die Opposition gewesen, sondern es seien ja auch kirchliche Gruppen und andere dabei gewesen. „Muss man schon sagen, dass auch Teile der CSU-Anhängerschaft mit Teilen der CSU-Politik unzufrieden sind. So eine Spaltung geht ja auch mitten durch die CSU“, analysiert Münch - und bilanziert sämtliche CSU-Reaktionen deshalb am Ende mit einem kurzen, knappen Satz: „Man ist nervös - wen wundert's?“

CSU-Politiker Markus Blume über #ausgehetzt-Demonstranten in München: „Jeglichen Anstand verloren“

Wesentlich schärfer äußerte sich CSU-Generalsekretär Markus Blume. Er warf Demonstranten seinerseits „Hetze“ gegen seine Partei vor. „Wer 'CSU-Rassistenpack' skandiert, wer der CSU unterstellt, Konzentrationslager vorzubereiten, oder wer die CSU für schuldig erklärt am Tod von Migranten im Mittelmeer, der hat jeglichen Anstand verloren und betreibt übelste Hetze“, sagte Blume „Spiegel online“. „Dass nebenbei auch noch bei der Demo erklärt wird 'Ganz München hasst die Polizei', spricht Bände über den Kreis der Unterstützer auch aus dem linksradikalen Umfeld“, fügte er hinzu.

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CSU-Generalsekretär Markus Blume. © AFP / CHRISTOF STACHE

Am Montag legte auch der frühere CSU-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich nach. „Aufstehen gegen links! Jetzt erst recht“, forderte er in einem Tweet.

CSU wollte Münchner Theater Teilnahme an „Ausgehetzt“-Demo verbieten

Für Schlagzeilen hatte zuvor auch gesorgt, dass die Münchner Stadtrats-CSU den Kammerspielen und dem Volkstheater eine Teilnahme an der Demonstration verbieten lassen wollte*. Sie argumentierte, die beiden Theater hätten die Neutralitätspflicht für städtische Einrichtungen verletzt.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) will ein von der CSU gefordertes Demonstrationsverbot für städtische Theater weiter prüfen. Es gebe noch keine Entscheidung, sagte eine Sprecherin der Stadt München am Montag. Laut Geschäftsordnung hat Reiter sechs Monate - also bis Januar 2019 - Zeit, um mitzuteilen, ob den Intendanten städtischer Theater Konsequenzen für ihre Teilnahme an der #ausgehetzt-Demonstration in München drohen.

OB-Reiter macht CSU Ansage auf #ausgehetzt-Demo

OB Reiter selbst hatte als Redner an der Demonstration teilgenommen und an die Adresse der CSU gesagt: „Ich fänd's deutlich sinnvoller, wenn man im täglichen Tun und täglichen Sprechen politischen Anstand wahrt, als ihn nur zu plakatieren.“ Die Christsozialen hatten kurzfristig mit einer Gegenkampagne auf die Demonstration reagiert und in der Stadt Plakate aufgehängt mit dem Aufdruck: „Ja zum politischen Anstand! Nein zu #ausgehetzt. Bayern lässt sich nicht verhetzen!“.

Demonstration #ausgehetzt.
Demonstration #ausgehetzt. © dpa / Andreas Gebert

Die „Ausgehetzt“-Demo wurde auch von etlichen Prominenten wie den Kabarettisten Luise Kinseher, Max Uthoff, Claus von Wagner und Urban Priol unterstützt. Der Streit in der Union um Flüchtlinge und Migration hat nach Ansicht von Priol auch etwas Gutes: „Mich freut es einfach, dass jetzt wieder mehr über Politik diskutiert wird“, sagte er vor der Demonstration der Münchner „Abendzeitung“ (Samstag). Der frühere Gastgeber der ZDF-Sendung „Die Anstalt“ meinte: „Dass sich die Schwarzen einmal so zerlegen, das hätte ich mir auch in den kühnsten Träumen meiner 35-jährigen Bühnenlaufbahn nicht vorstellen können.“

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dpa/kmm

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