- 0 Kommentare
-
Fehler melden
schließen
- Weitere
Ungeklärte Kriminalfälle spuken nicht nur in den Köpfen der Angehörigen noch Jahre danach herum – auch Ermittler quält die Ungewissheit. Dank technischen Fortschritten gibt es auch späte Erfolge.
- Allein in Niedersachsen sind aktuell 373 „Cold Cases“ in Bearbeitung.
- Auch die Morde an zwei Prostituierten aus Bremerhaven beschäftigen die Ermittler nach wie vor.
- Ein 25 Jahre zurückliegender Mord gilt als Erfolgsbeispiel.
Hannover - Im Kampf gegen quälende Ungewissheit versuchen Ermittler sogenannte „Cold Cases“ auch Jahre nach der Tat noch aufzuklären - allein in Niedersachsen sind nach jüngsten Zahlen des Landeskriminalamtes (LKA) 373 solcher Fälle erfasst. Ein Großteil davon sind ungeklärte Tötungsdelikte. Laut dem LKA gehören auch 47 Vermisstenfälle dazu, bei denen auf einen Verbrechenshintergrund geschlossen wird.
Mitte Dezember, mehr als 25 Jahre nach den Morden an zwei Prostituierten aus Bremerhaven, versuchen Ermittler der Polizei die Verbrechen doch noch aufzuklären. Die Polizei hat neue Hoffnung geschöpft. Bei der Ermittlungsgruppe „Cold Case“ der Polizei Cuxhaven sind nach einem Zeugenaufruf in der Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ rund 200 Hinweise eingegangen.
Die Ermittlung eines Tatverdächtigen für einen mehr als 25 Jahre zurückliegenden Mord an einem Fernfahrer in Hannover-Misburg gilt als Erfolgsbeispiel aus dem vergangenen Jahr. Ein damals 57-jähriger Mann wurde im Februar 1995 auf einem Speditionsgelände vor Antritt der Fahrt erschossen. 25 Jahre später veröffentlichten die Polizei Hannover und die Staatsanwaltschaft ein Video und einen Zeugenaufruf. Anfang September gab es dann die Erfolgsmeldung. Ein Tatverdächtiger sei ermittelt, der Mord vermutlich aufgeklärt.
„Cold Case“-Mord an einem Fernfahrer in Niedersachsen
Die Ergebnisse deuten den Ermittlern zufolge darauf hin, dass der Fernfahrer auf dem Betriebsgelände einen Dieb ertappte und von ihm getötet wurde. Tatverdächtig sei ein mittlerweile 56 Jahre alter Türke, der 1995 wegen eines Doppelmordes in Braunschweig verurteilt wurde. 2018 wurde der Mann nach seiner Haft in die Türkei abgeschoben und mit einer Wiedereinreisesperre belegt.
Allerdings reichten die gewonnenen Erkenntnisse nicht für eine Anklageerhebung aus, hieß es damals. Die Ermittlungen ruhen derzeit, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Hannover im Dezember. Die Erkenntnisse werden aber als Erfolg gewertet, weil für die Familie des Opfers eine lange Ungewissheit zu Ende gehe.
Durchbrüche der „Cold Case“-Einheit motivieren Ermittler
Solche Durchbrüche führen regelmäßig zu Schlagzeilen und motivieren die Ermittler, immer wieder in die alten Akten abzutauchen. Für ein einheitliches Vorgehen dabei wurde 2019 in Braunschweig, Göttingen, Hannover und Lüneburg zentrale „Cold Case“-Einheiten mit jeweils sechs bis acht Ermittlern eingerichtet. Beim LKA wurde zudem in der Zentralstelle Gewalt eine Ansprechstelle für die Cold Cases installiert.
#Göhrde-Morde: Die @Polizei_LG veröffentlicht Auswahl von Asservaten.
— LKA Niedersachsen (@PolizeiNI_lka) May 8, 2019
Wer erkennt Gegenstände wieder oder kann #Hinweise dazu geben?#ColdCase https://t.co/lGdwOaNU3A
Die akribische Aufarbeitung der alten Fälle führte dazu, dass sich dem LKA zufolge derzeit 13 anlassbezogene Ermittlungsgruppen mit konkreten Ermittlungen befassen. Oft seien neue forensische Untersuchungsmethoden oder veränderte zwischenmenschliche Beziehungen Auslöser für das Aufrollen dieser Fälle.
Die Erfassung beinhaltet auch die vollständige Digitalisierung und Archivierung der Ermittlungsakte. Dadurch wird wiederum eine Konservierung der alten Papierakten und fallübergreifende Recherche ermöglicht. So wollen die Ermittler Tatzusammenhänge oder auch Serientäter besser erkennen. (Von Christian Brahmann, dpa)