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Deutsche Umwelthilfe will gegen LNG-Terminal in Wilhelmshaven klagen

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Von: Andree Wächter

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Alle Papiere für das LNG-Terminal in Wilhelmshaven liegen vor. Bis zum Schluss ging es um die Einleitung von Chlor in die Nordsee. Es drohen Klagen.

Wilhelmshaven – Die letzten Hürden in Niedersachsen sind übersprungen. Der Inbetriebnahme des ersten deutschen LNG-Terminals in Wilhelmshaven steht erst einmal nichts mehr im Weg. Das Land Niedersachsen erteilte am Freitag (16. Dezember) die letzte noch ausstehende wasserrechtliche Erlaubnis für die Anlage zur Einfuhr von flüssigem Erdgas (LNG). Unter strengen Auflagen wurde die Einleitung chlorhaltiger Abwässer in die Nordsee geregelt. Umweltverbände kritisieren die Einleitung von Chemikalien und fürchten Schäden für das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer.

Umweltverbände befürchten durch LNG-Terminal in Wilhelmshaven Schäden fürs Wattenmeer

Es sei für „einen bestmöglichen Ausgleich gesellschaftlicher, ökonomischer und ökologischer Belange gesorgt“ worden. Das sagte Anne Rickmeyer, die Leiterin des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Die Genehmigung wurde dem LNG-Terminal-Betreiber Uniper Global Commodities übergeben.

Bei der sogenannten Regasifizierung werde Meerwasser verwendet, erläuterte der NLWKN. Um das Wasser zu reinigen und die Leitungen zu schützen, werde das Salz im Meer, das Natriumchlorid, in aktives Chlor (NaOCl) umgewandelt. Dieses gelange dann mit dem Abwasser wieder ins Meer. Die beantragten Einleitungen erfüllten die gesetzlichen Anforderungen, teilte die Genehmigungsbehörde mit. Vorher seien mehr als 300 Einwendungen von Trägern öffentlicher Belange, Umweltverbänden und Privatpersonen geprüft worden.

Trilaterale Wattenmeerkonferenz
Klimakrise, Artensterben und Verschmutzung bedrohen das Wattenmeer. Die DUH will das LNG-Terminal per Klage einschränken. © Sina Schuldt/dpa/Symbolbild

Umweltschützer fordern dagegen chemiefreie Reinigungsverfahren. Die Auswirkungen der Anlage auf das hochsensible Wattenmeer seien unzureichend geprüft worden, kritisierte Susanne Gerstner vom BUND Niedersachsen. „Eine dringend erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde mit Verweis auf das LNG-Beschleunigungsgesetz ausgesetzt.“ Der Umweltverband prüfe deshalb eine Klage. Nach Ansicht des BUND sollen die LNG-Anlagen auch zu lange laufen, was den Umstieg auf erneuerbar produzierten grünen Wasserstoff und andere alternative Energieträger bremse.

Eine dringend erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde mit Verweis auf das LNG-Beschleunigungsgesetz ausgesetzt.

Susanne Gerstner, BUND Niedersachsen

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will rechtliche Schritte einleiten, um den Betrieb der geplanten LNG-Terminals in Deutschland zeitlich stärker einzuschränken. Für das Flüssigerdgas-Terminal wolle man zudem die Einleitung von Biozid ins Meer verhindern, sagte DUH-Energieexperte Constantin Zerger während einer Pressekonferenz. Biozide sind Chemikalien oder Mikroorganismen zur Bekämpfung von Schädlingen.

Der Betrieb der Terminals ist derzeit im LNG-Gesetz bis 2043, also auf 20 Jahre begrenzt. Klimaschützern ist das deutlich zu lange, weil sie dadurch die Ziele zur Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase gefährdet sehen. Nach Angaben Zergers hat die DUH bereits eine erste Klage eingereicht, um die Betriebsdauer der Pipeline zu begrenzen. Sie zielt darauf ab, den Gas-Transport durch die Röhre auf zehn Jahre zu beschränken. Es seien aber auch noch deutlich geringere Laufzeiten denkbar, sagte Zerger. Er forderte die Bundesregierung auf, ein Gesamtkonzept zum LNG-Bedarf vorzulegen.

LNG-Terminal Wilhelmshaven: Spezialschiff ist da

Zum Hintergrund: Wer den deutschen Einstieg in den Import von Flüssigerdgas (LNG) am Horizont vor Wilhelmshaven als Erstes erkennen wollte, musste genau hinschauen: Nur langsam zeichnete sich der dunkelblaue Rumpf des Spezialschiffes „Höegh Esperanza“ am Donnerstagnachmittag (15. Dezember) vor dem friesischen Dezembergrau über der Nordsee ab. Mehrere Schlepper und Dutzende kleinere und größere Polizeiboote eskortierten das Schiff teils mit Blaulicht, bis es später am Nachmittag an dem neu gebauten LNG-Anleger nördlich des Tiefwasserhafens Jade-Weser-Ports andocken sollte.

Die „Höegh Esperanza“ gilt als das technische Herzstück des LNG-Terminals in WIlhelmshaven. Mit der schwimmenden Plattform soll das von Tankschiffen angelieferte verflüssigte Erdgas (LNG) angelandet, wieder in den gasförmigen Zustand umgewandelt und an Land gepumpt werden.

„Höegh Esperanza“ für LNG-Terminal
Das Spezialschiff „Höegh Esperanza“ hat in Hooksiel am LNG-Terminal angelegt. © Sina Schuldt/dpa

Mit der Ankunft des Spezialschiffes befindet sich das Wilhelmshavener LNG-Terminal nun auf der Zielgeraden. Der in wenigen Monaten verwirklichte Bau des LNG-Terminals ist Teil der Bemühungen Deutschlands, unabhängig von Gaslieferungen aus Russland zu werden. Auch in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein und in Lubmin bei Greifwald sollen schwimmende LNG-Terminals noch in diesem Jahr an den Start gehen.

Das Terminal in Wilhelmshaven mit der „Höegh Esperanza“ soll das erste sein. Startklar ist dafür auch schon eine ebenfalls neu gebaute, rund 26 Kilometer lange Pipeline vom LNG-Anleger bis zum nächsten Anschluss an das Gas-Fernleitungsnetz im Landkreis Wittmund. 

Am 22. Dezember, soll nach Plänen des Betreibers, des Gasimporteurs Uniper, Erdgas in das deutsche Gasnetz eingespeist werden, wenn das Terminal in Betrieb genommen wird. Denn das Schiff wurde zuvor in Spanien mit rund 165.000 Kubikmetern LNG beladen. Laut Uniper reicht diese Menge, um 50.000 bis 80.000 Haushalte in Deutschland ein Jahr lang zu versorgen. Der erste Frachter, der nur LNG transportiert, wird Mitte Januar erwartet.

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