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Edmund Stoiber bei Sandra Maischberger: Stoiber ist Enttäuschung auf ganzer Linie

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Von: D.J. Frederiksson

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Ein greiser Edmund Stoiber war bei Sandra Maischberger zu Gast - die Fehlbesetzung des Abends.
Ein greiser Edmund Stoiber war bei Sandra Maischberger zu Gast - die Fehlbesetzung des Abends. © Screenshot „maischberger. die woche“/ARD

Nach einer ereignisarmen Woche verschenkt Sandra Maischberger ihr Star-Interview an die Vergangenheit, hat aber zumindest mit ihren Kommentatoren ein wenig Spaß.

Nachdem sich die vielen deutschen Polit-Talk-Shows schon in weniger langweiligen Wochen gegenseitig die Themen wegkannibalisieren, herrscht bei Nachrichtenflaute echte Tristesse auf den Studio-Sofas. Das aus unerfindlichen Gründen immer noch weitergeführte Format „Maischberger. Die Woche“ wurde mit seinen Boulevard-Elementen speziell für die Sommerpause kreiert und ist daher nicht ganz so anfällig für politische Durchhänger wie diese Woche. Trotzdem konnte man sich an mehreren Stellen nicht des Eindrucks erwehren, als würde die Redaktion verzweifelter die Zeit herunterschinden wollen als eine führende Fußballmannschaft kurz vor dem Abpfiff.

Edmund Stoiber darf bei Sandra Maischberger in der Vergangenheit schwelgen

Das nominell größte Thema war der anstehende CDU-Parteitag – nur dass leider niemand dazu etwas zu sagen hatte außer vagen Spekulationen, was passieren könnte. Die Fehlbesetzung des Abends war dabei ein greiser Edmund Stoiber, der im Einzelinterview geschlagene 25 Minuten lang in einer vage erinnerten Vergangenheit schwelgen durfte.

Mit erratischen und mäandernden Formulierungen widerstand er allen Versuchen, Meinungen über aktuelle oder gar zukünftige Politik zu haben. Stattdessen reminiszierte er über die Parteienlandschaft vor zehn Jahren, über die Veränderung der Grünen seit 2000. über den Machtkampf zwischen ihm, Merkel und Merz...

Edmund Stoiber bei Sandra Maischberger im Talk "Die Woche": eine hohle Hülle seines bayerischen Selbst

Manchmal ist es ja reizvoll, einen Altpolitiker aus dem Unruhestand zu reaktivieren, um einer Partei mal wieder Feuer unter dem Hintern zu machen. Ein Ruprecht Polenz oder eine Gesine Schwan haben des öfteren bewiesen, wie unbeschwert und modern man reden kann, wenn die hohen Ämter erstmal hinter einem liegen.

Aber Stoiber ist eine Enttäuschung auf ganzer Linie, eine hohle Hülle seines bayerischen Selbst, immer noch in seinen schon vor 30 Jahren staubig wirkenden Vorurteilen und Leitkulturvorstellungen und seiner Selbstherrlichkeit schwimmend. Er hatte derart wenig zu irgendwelchen aktuellen Themen beizutragen, dass man sich unwillkürlich fragte, ob er vielleicht nur der Ersatz für einen kurzfristig abgesagten anderen Gast war.

ARD-Talk: Kommentatoren Panel bei Sandra Maischberger ist schlagfertig

Mehr Freude hatte Sandra Maischberger an ihrem Kommentatoren-Panel, das zur Abwechslung mal wieder schlagfertig war, gute Chemie hatte und stellenweise einfach schamlos komisch sein durfte. Obwohl sich auch hier die „Bild“-Journalistin Anna von Bayern mit manchmal allzu altmodischen Sichtweisen hervortat, sprühten Hajo Schumacher und vor allem Franz Alt vor Witz und Kampfeslust. Als auch nur ein Hauch des alten Stereotyps von den Grünen als „Verbotspartei“ aufkommt, hauen sie dieses Klischee kurz und klein, erinnern an die planwirtschaftlichen Eingriffe in die Wirtschaft durch Ludwig Erhard und Helmut Kohl und lästern ausgiebig über die halbherzige Umweltpolitik der Regierung.

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In der üblichen Manier ging es dann natürlich noch querbeet um Elon Musk und Heiko Maas, um die Hongkong-Proteste und die Grünen-Harmonie – und diese drei hatten auch keine Probleme damit, faszinierende Voraussagen für den CDU-Parteitag zu treffen. Namentlich, dass die angekündigte Rückkehr von Friedrich Merz auf die große Bühne wohl eher ins Wasser fallen wird und dass Armin Laschet größere Chancen auf die CDU-Kanzlerkandidatur hat als AKK.

Maischberger: Mehr Zeit für transsexuelle Bundeswehrkommandeurin wäre gut gewesen

Das abschließende Feelgood-Segment war dieses Mal der transsexuellen Bundeswehrkommandeurin Anastasia Biefang gewidmet, deren Geschichte beweisen darf, dass selbst vermeintlich verknöcherte Institutionen wie die Bundeswehr manchmal zukunftsfähig und souverän sein können. Hätte man ihr zehn Minuten mehr und Edmund Stoiber zehn Minuten weniger Zeit gegeben, es wäre eine deutlich interessantere Sendung gewesen.

„maischberger. die woche“ (ARD) vom 20. November 2019 ist hier online verfügbar.

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