Über „Energiesparen gegen den Krieg“ sagt die StVO freilich nichts, das war bisher ja auch kein Thema. Einen Hebel für Lokalpolitiker, die wegen Putin die Hauptverkehrsstraßen innerhalb ihrer Stadtmauern zu Tempo-30-Zonen erklären möchten, bietet das Gesetzeswerk nicht. Eine Kommune wie die Stadt Wittingen könnte also bestenfalls eine Art Willensbekundung in die Welt senden.
Einen entsprechenden Vorstoß würde man am ehesten von den Grünen erwarten. Deren Wittinger Fraktionschef Christian Schroeder winkt aber im Prinzip auch ab – er hält Tempo 30 auf Hauptstraßen im Stadtgebiet für „vorstellbar, aber nicht durchsetzbar“. Damit meint er zunächst gar nicht mal die Gesetzeslage, sondern die Suche nach Mehrheiten im Stadtrat: „Wir wären vermutlich die einzigen, die das wollen. Deshalb planen wir auch keinen Antrag. Aber man kann ja vielleicht mal ins Gespräch kommen.“
Aus den übrigen Ratsfraktionen heißt es fast einhellig, das Thema habe man noch nicht diskutiert. Dr, Thomas Weiland sagt etwas, das den Grünen Mut machen könnte: „Man müsste das prüfen. Wenn Tempo 30 etwas bringen würde, dann würden wir das unterstützen.“
Bislang wurde Tempo 30 in Städten nicht in erster Linie unter dem Verbrauchsaspekt diskutiert. Das Umweltbundesamt schreibt: „Verkehrssicherheit, Lärmschutz, Luftreinhaltung, Förderung von Fuß- und Radverkehr sowie die Erhöhung der Aufenthaltsqualität sind Gründe für Kommunen, Tempo 30 verstärkt auch an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen anzuordnen.“ Konkrete Zahlen zum Einsparpotenzial durch ein generelles innerörtliches Tempo 30 sind schwer zu finden. Der Dreiklang 100-80-30 (Autobahn-Landstraße-Durchgangsstraße) soll nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung die Ölimporte aus Russland um 5 bis 8 Prozent reduzieren. Kritiker sorgen sich derweil um den Verkehrsfluss.
Auch Walter Schulze, Fraktionsvorsitzender der Wittinger CDU, zeigt sich skeptisch: „Die Frage ist, ob es energiemäßig viel bringt.“ Zudem müsse die Einhaltung von Tempo 30 dann auch kontrolliert werden. Klar sei, dass Pendler von der Maßnahme „nicht begeistert“ wären.
Eckhard Meyer (BA) sieht sich im Zwiespalt: Mit Blick auf den Energieverbrauch könne er Tempobegrenzungen befürworten, die Frage sei allerdings, ob es auf innenörtlichen Hauptstraßen Sinn macht. Er fürchte beispielsweise vermehrte Rückstaus.
Auf solche Aspekte verweist auch Jörg Bialas (SPD). Der Polizeibeamte sieht etwa die Gefahr, dass Verkehrsteilnehmer versuchen könnten, die innerörtlich verlorene Zeit durch erhöhte Geschwindigkeit außerorts wieder zu kompensieren. Bialas: „Für das Thema braucht es eine Gesamtbetrachtung. Und die letzte Instanz wird wohl der Landkreis sein.“
Das ist korrekt. Als Straßenverkehrsbehörde müsste der Landkreis Gifhorn etwaige Anträge von Kommunen auf Tempo 30 genehmigen – und nach aktueller Gesetzeslage könnte er sie wohl nur ablehnen.