Die V85 lag bei 65 km/h. Diese Geschwindigkeit bezeichnet den Wert, der von 85 Prozent der Fahrzeuge eingehalten wird. Verkehrsexperten lassen bei der Betrachtung der V85 die 15 Prozent der sehr schnellen Fahrer außen vor, um eine Kontrollgröße für das Fahrverhalten der moderaten Mehrheit zu bekommen. Allerdings ist „moderat“ ein relativer Begriff – denn das Verhalten der Verkehrsteilnehmer wird als nicht mehr in Ordnung an gesehen, wenn die V85 die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 5 km/h übersteigt. Was in Eutzen deutlich der Fall ist, und was auch bei den anderen Messstellen und Messzeitpunkten gegolten hat.
Die Messungen:
• Eutzen, 13. bis 22. Juli: 4865 Fahrzeuge pro Tag, V85 bei 65 km/h, 76 Prozent waren zu schnell.
• Knesebecker Straße, 27. April bis 25. Mai: 2279 Fahrzeuge pro Tag, V85 bei 63 km/h. 69 Prozent zu schnell. Der traurige Spitzenreiter brachte es auf 158 Stundenkilometer – innerorts.
• Knesebecker Straße, 25. Mai bis 23. Juni: dieselbe V85, 70 Prozent zu schnell, der Schnellste diesmal „nur“ mit 131 Sachen unterwegs.
• Plastau: Messungen vom 15. August bis 14. September zeigen eine V85 von 70 bzw. 71 km/h. Immerhin waren hier mit 46 bzw. 45 Prozent weniger als die Hälfte der Fahrer zu schnell. Top-Speed: 128 km/h.
Ganz prekär zeigt sich die Situation in Transvaal. Vom 19. September bis 10. Oktober wurden 1645 Fahrzeuge gemessen, die V85 lag bei 71 km/h, und 92 Prozent der Verkehrsteilnehmer waren schneller als erlaubt. Der schnellste von ihnen raste mit 179 Sachen durch den Ort. Für die Fahrer blieb das alles folgenlos, kassiert wurde ja nicht.
Thomas Lemke (Grüne) fühlte sich angesichts der Messergebnisse in seinem Antrag von vor drei Jahren bestätigt, Ortseingänge mit verkehrsberuhigenden Maßnahmen auszustatten und dafür eine Prio-Liste zu erstellen. Matthias Schulz, Leiter der Tiefbau-Abteilung im Rathaus, sagte, die Liste gebe es noch nicht. Ganz oben müsse wohl Transvaal stehen.
Stadtbürgermeister Andreas Ritter sagte, das Ziel, eine solche Priorisierung hinzubekommen, sei der Grund für die Messungen. Bei den Kosten von rund 150 000 Euro pro Standort sei es klar, dass man „nicht an jeder Ortseinfahrt etwas bauen“ könne. An der B 244 seien seitens der Landesbehörde Querungshilfen geplant, die auch den Verkehr beruhigen können – auf Landesstraßen sehe das schon anders aus: „Da müssten wir das selbst bezahlen.“
Klaus Palluck (FWG) erinnerte an Aussagen der Polizei, wonach eine flächendeckende Kontrolle nicht möglich sei. Es sei aber auch nicht einzusehen, dass die Stadt große Summen investieren müsse, damit „die Leute langsam fahren“. Er vertrat die Überzeugung, dass das höchste Tempo meist nachts im Schichtverkehr gefahren werde – da seien Verschwenkungen vermutlich wenig wirkungsvoll.
Dieter Meinecke (SPD) gab zu Protokoll: „Ich habe Kopfschmerzen, dass wir uns damit abfinden sollen, dass 75 bis 85 Prozent zu schnell fahren. Da wünsche ich mir Messanlagen, Fotos, härtere Strafen.“ Dazu meinte Palluck, dass möglicherweise schon „an allen Ortseingängen“ Blitzer der Stadt stehen würden, wenn nicht die Einnahmen an den Landkreis fließen müssten. Der Ausschussvorsitzende Karl-Heinz Brandes (CDU) sah die Messungen „als Grundlage, mit der Polizei zu sprechen“.
Dass die Tempo-Überschreitungen die Einwohner der betroffenen Orte stark beschäftigen, das ließ Stadtbürgermeister Ritter durchblicken: „Das war in den Dorfversammlungen das große Thema.“
Die Stadt will nun alle neuralgischen Stellen durchmessen, danach soll die Priorisierung vorgenommen werden. Die werde frühestens 2024 stehen, hieß es in der Ausschuss-Sitzung.