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Tumbe Schmierereien in Steinhorst und Lüsche gegen Grüne

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Von: Paul Gerlach

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Schriftzüge gegen die Grünen und deren Ratsfrau Sarah Hiltner aus dem Steinhorster Gemeinderat sorgten für Empörung: hier jener an der Lüscher Straße nahe des Tennisplatzes in Steinhorst. Er wurde wie der in Lüsche inzwischen entfernt.
Schriftzüge gegen die Grünen und deren Ratsfrau Sarah Hiltner aus dem Steinhorster Gemeinderat sorgten für Empörung: hier jener an der Lüscher Straße nahe des Tennisplatzes in Steinhorst. Er wurde wie der in Lüsche inzwischen entfernt. © Privat

Steinhorst/Lüsche – Die Empörung über die tumben Aktionen ist groß: Unbekannte haben mit Schriftzügen die Grünen und Sarah Hilter, Ratsfrau im Steinhorster Gemeinderat, diffamiert. Die beiden Schriftzüge, die Mittwochnacht vor Himmelfahrt auf der Lüscher Straße in Steinhorst sowie auf der Hauptstraße am Lüscher Ortsausgang aufgebracht wurden, wurden laut Bürgermeister Percy Pfeiff entfernt.

Sarah Hiltner sitzt für die Grünen im Steinhorster Gemeinderat.
Sarah Hiltner sitzt für die Grünen im Steinhorster Gemeinderat. © Gerlach, Paul

Antidemokratische Sprüche mit von Fehlern durchtränkter Rechtschreibung standen im öffentlichen Raum auf den Straßen: „Grüne Raus!“ an der Lüscher Straße am Steinhorster Ortsausgang am Vorplatz am Tennisplatz und „Lieber ein Ort im Grün’n als ein grünen im Ort“ in Lüsche am Ortsausgang Richtung Räderloh.

Im Steinhorster Rat, der am Montagabend tagte, kamen die beiden Vorfälle gleich zur Sprache. Wegen der Thematik soll es bei der Sitzung turbulent zugegangen sein. Letztlich wurde zum einen bei sieben Ja-Stimmen, drei Enthaltungen und einer Nein-Stimme der von Hiltner gestellte Antrag beschlossen: Der Schriftzug solle vor dem Beginn des Steinhorster Schützenfestes durch die Gemeinde entfernt werden. Dieses ist bereits geschehen, in Lüsche war dies laut Hiltner bereits zuvor auf private Initiative hin erfolgt. Zum anderen wurde auf Antrag von Harald Mundil (SPD) hin bei acht Ja- und zwei Nein-Stimmen sowie einer Enthaltung entschieden, dass der Gemeinderat sich von derartigen Äußerungen distanzieren möge.

Laut Bürgermeister Pfeiff ist unklar, wer die Täter waren und wie das Ganze geschehen ist. Es habe keine Sachbeschädigungen gegeben. Er betont, dass er die Schriftzüge nicht gutheiße.

Nach Angaben der Gifhorner Polizei hatte Hiltner Kontakt mit dem Zentralen Kriminaldienst. Dabei habe sie die beiden Vorfälle telefonisch angezeigt. Es wurde vereinbart, dass dies auch in schriftlicher Form noch geschehen soll. Der nächste Schritt ist eine rechtliche Würdigung durch die Staatsanwaltschaft, bei der generell geprüft wird, ob der oder die Beschuldigten sich einer Straftat hinreichend verdächtig gemacht hat. Die Schriftzüge sind das Eine. Darüber hinaus gebe es keine konkrete Bedrohungssituation gegen Hiltner, heißt es seitens der Gifhorner Polizei.

In einigen Orten im Nordkreis, so auch in Steinhorst, gibt es die Tradition des „Katerstieges“, bei dem jede Menge weiße Farbe auf Straßen und Wegen aufgebracht wird. Hiltner sagt, dass dieser Brauch im Vor- und Umfeld des Schützenfestes begangen werde. Mal gebe es dabei Witziges, mal Grenzwertiges zu lesen, aber für gewöhnlich nichts politisch Diskreditierendes. Dass der Trend mehr zu Kommentaren und Sich-über-Leute-lustig-machen geht, verurteilt Jan-Christopher Prietzsch, Sprecher des Grünen-Ortsverbandes Isenhagener Land. „Das geht weg von der Tradition und dem ursprünglichen Sinn.“ Gehässige Botschaften vor dem Haus wolle niemand.

Mit Blick auf die 72-Stunden-Aktion der Landjugend, bei der kürzlich ein Beachvolleyball-Feld am Steinhorster Freibad errichtet worden war, sagt Hiltner, dass die Aufgabe vorher traditionell nicht verraten worden sei. Dabei gebe es nur unweit entfernt schon ein Beachvolleyballfeld auf dem alten Sportplatz, das verfalle. Hiltner äußerte daher mehrfach Kritik am neuen Standort mit Blick auf Umweltschutz-Bedenken: So hätten etwa die dort gepflanzten Kirschlorbeer- und Thuja-Pflanzen in einem Naturschutzgebiet nichts zu suchen. Außerdem vermisst sie Transparenz bei der Vergabe der Aufgabe. Die Ratsfrau will diese Kritik aber nicht missverstanden wissen: „Die Arbeit der Landjugend finde ich großartig.“ Sie habe bei der für sie ersten 72-Stunden-Aktion erlebt, welche „fantastische Arbeit“ dabei für die Gemeinde geleistet werde. Dennoch brauche man für einen solchen Bau eine Abnahme und es gebe entsprechende Regeln und Vorschriften, die eingehalten werden müssen. Als Teil des Fördervereins kümmere sie sich mit um die Freibad-Pflege. Dass das neue Beachvolleyball-Feld ebenso gepflegt werden müsse, habe sie auch in der Chat-Gruppe des Freibad-Teams angesprochen. Dieser Punkt sei aber noch nicht geklärt worden. Ihr Antrag, die 72-Stunden-Aktion transparent zu gestalten, etwa durch einen Ideenwettbewerb im Ort, sei vom Rat abgelehnt worden. Die Landjugend wollte auf IK-Anfrage gestern nicht zu den von Hiltner angesprochenen Punkten Stellung nehmen.

Aufruf zu Solidarität

Hiltner betont ihre Dankbarkeit, dass sie nach den Vorfällen viel Solidarität aus Lüsche erfahren habe, das mache es aushaltbar und habe sie viel versöhnt. Insbesondere der örtliche Schützenverein habe sich nicht amüsiert über die Vorfälle gezeigt. Der Gemeinderat hingegen habe sich zu ihrer Entmutigung bis zur Ratssitzung nicht positioniert, aber bei der Sitzung dann mit sehr großer Mehrheit. In Steinhorst – sie habe auch eine Einladung zum Schützenfest erhalten – fühle sie sich nicht willkommen.

Hiltner will ihr Ratsmandat weiter ausüben und in Lüsche wohnen bleiben. Sie ruft dazu auf, Unmut direkt und konstruktiv zu äußern. Letztlich gehe es darum, gemeinsam etwas für die Region zu erreichen. „Hass sollten wir keinen Raum geben.“ Menschen öffentlich zu mobben, gehe zu weit. „Wir alle sollten Respekt vor der Tätigkeit von Ratsleuten haben.“

Das sagt der Grünen-Ortsverband

Kein Wegducken der Politik fordert der Grünen-Ortsverband Isenhagener Land angesichts der Schmierereien. Einschüchterungsversuche durch offene und versteckte Drohungen seien ein Angriff auf die Demokratie. Der Vorstand verurteilt die Hetze auf Ratsfrau Sarah Hiltner. Die Schriftzüge richteten sich eindeutig gegen die einzige öffentliche Grüne der Gemeinde. Das sei verbale Gewalt und stelle einen Einschüchterungsversuch einer Mandatierten dar. „Wir fordern die demokratischen Parteien in der Gemeinde Steinhorst und in der Samtgemeinde Hankensbüttel dazu auf, gemeinsam gegen solche antidemokratischen Vorfälle vorzugehen, öffentlich Stellung zu beziehen und ihre Solidarität mit der angegriffenen Person zu erklären“, so Jan-Christopher Prietzsch, Sprecher des Ortsverbandes. Der Vorstand wehre sich gegen menschenverachtende Tendenzen und gegen die unterschiedliche Wertschätzung von Menschen. 

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