Chemiker Dr. Helmut Burdorf hat sich die ersten vier vorliegenden Untersuchungsprotokolle angeschaut, die die Gruben in Hankensbüttel, Schneflingen und Leiferde betreffen. Er sieht große Defizite, was die Nachsorge angeht. Denn bisher seien lediglich Altlasten im Grundwasser untersucht und bewertet worden. Daraus wurde eine Prognose für die Zukunft erstellt. „Die bezieht sich auf die derzeitige Nutzung, nicht auf Nutzungen, die es in Zukunft geben könnte“, erklärt Burdorf. Zudem seien langfristige Folgen nicht bewertet worden.
Gefunden wurde bei den bisher untersuchten vier Bohrschlammgruben das, was erwartet wurde: vor allem Benzol und polykondensierte aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), nicht aber Ausgasungen oder Quecksilber. Tenor der Protokolle: Die Schadstoffe sind weitgehend immobil und bleiben vermutlich für sehr lange Zeit unverändert im Boden, sofern man den Boden so belässt.
Die Schadstoffe befinden sich zum Teil nur 30 Zentimeter unter der Oberfläche. „Daher sind diese Flächen weder zur Bebauung noch für Sportanlagen oder landwirtschaftliche Nutzung geeignet“, sagt Burdorf. Eine vorherige Sanierung oder Sicherung, etwa mit Geovlies, wären nötig, ebenso kontinuierliche Kontrollen des Grundwassers auf die betreffenden Stoffe sowie Kontrollen der Areale.
In Leiferde hat die Gemeinde entgegen dem Rat des Landkreises einen Bebauungsplan für ein betreffendes Gebiet erstellt. Eine Bebauung ist damit theoretisch möglich. Auch um Lüben gibt es kaum eine Stelle, wo nicht gebohrt wurde, sagt Kreistagsabgeordneter Christian Schroeder. Und viele dieser Stellen würden landwirtschaftlich genutzt. Im Zweifelsfall, so fordert er, müsse man die Nutzung untersagen oder die Areale sanieren.
Mit 52 Bohrschlammgruben liegt der Landkreis in Niedersachsen an der Spitze, sagt Byl. Und das seien nur die bekannten Gruben.
„Zudem gibt es noch viele historische Ölleitungen und Transportwege, die ebenfalls Altlasten aufweisen könnten“, fügt Dr. Arne Duncker, Mitglied im Kreis-Umweltausschuss, hinzu. Er teilt die 52 Gruben, zu denen durchaus noch weitere kommen könnten, in drei Kategorien ein: unbelastet, belastet, aber mit immobilen Schadstoffen, sowie belastet mit mobilen Schadstoffen. „Im zweiten Fall ist ein langandauerndes Monitoring unabdinglich, im dritten Fall eine Sanierung unumgänglich“, betont Duncker. Bis alle 52 Protokolle vorliegen, werde es grob geschätzt bis 2024 dauern. Auf jeden Fall dürfe es Nutzungsänderungen der betroffenen Gebiete nur nach einer Risikofolgenabschätzung und behördlicher Genehmigung geben, fordert Duncker.
In einem Antrag hat die Grünen-Fraktion nun im Landtag gefordert, die Untersuchungen um weitere fünf Jahre zu verlängern, mit der Industrie über eine höhere Fördersumme zu reden, nicht verwendetes Geld für die Sanierung einzusetzen und mit den Kommunen auf eine dauerhafte Nachsorge bestätigter Altlasten hinzuwirken. In ganz Niedersachsen wurden bisher für 226 der insgesamt 473 Altlastenverdachtsstandorte Untersuchungen beantragt.