Aber es gibt noch eine Hintertür. CDU-Fraktionsvorsitzende Telse Dierksmeyer-Vielhauer beantragte, die vertraglich vorgesehene Option zu ziehen, das bisherige System der Müllentsorgung durch den derzeitigen Drittanbieter um drei Jahre bis 2027 zu verlängern. Der Antrag kam allerdings nicht in die Abstimmung, weil Tim Stein (SPD) erfolgreich beantragte, dass diese Debatte erst noch einmal in den Fraktionen geführt werden soll. Im August nach der Sommerpause soll dann über die Option noch einmal im Kreistag abgestimmt werden. Bleibt es dann bei einem Ende des derzeitigen Vertrages im Jahr 2024, soll das ÖPP-Modell kommen.
Vor den Abstimmungen machten die verschiedenen Gruppierungen noch einmal ihre Position klar. Ganz vom Tisch war eine vollständige Rekommunalisierung ab 2024. Landrat Heilmann betonte die geringen finanziellen Unterschiede zwischen allen drei Varianten laut Gutachten und verwies auf nur wenige Anbieter bei einer Drittvergabe. „Ein ÖPP-Modell bietet großen kommunalen Einfluss, eine Servicequalität und sichert Arbeitsplätze. Eine vollständige Rekommunalisierung birgt ein zu großes Risiko“, konzedierte er. Nicole Wockenfuß (Grüne) verwies auf die Pflicht zur Daseinsvorsorge. „Müll ist der Rohstoff der Zukunft. Daher sollten wir selber über unseren Müll verfügen. Und wir wollen über die Arbeitsbedingungen entscheiden, die Umweltstandards setzen und die Monopolisierung stoppen“, sagte sie. „Warum soll man etwas ändern, was läuft?“, fragte dagegen Andreas Kautzsch (BIG) und sprach sich für die Beibehaltung des bisherigen Systems aus.
Jürgen Völke (UWG) zitierte seinen Vater, der ihm einst riet, dass man sich um das kümmern sollte, was nicht läuft. Und derzeit laufe es gut. „Man sollte sich mal überlegen, warum die meisten Privaten auch ein ÖPP-Modell bevorzugen, statt einer Drittvergabe. Ein ÖPP-Modell lohnt sich wohl vor allem für die Privaten. Und nach 15 Jahren, wenn alles der Landkreis übernimmt, wird es richtig teuer“, sagte er. Auch Ernst-Dieter Meinecke (CDU) verwies darauf, dass der derzeitige Anbieter Remondis keinerlei Beschwerden verursacht hatte. Er befürchte Preiserhöhungen bei einem Systemwechsel. Zudem habe der Landkreis kein Grundstück, keine Fahrzeuge, kein Fachpersonal. „Und wer weiß, wieviel Feuerwehrfahrzeuge kosten, der kann sich denken, was da für Kosten auf uns zukommen.“ Stein sah bei einem ÖPP-Modell „Synergieeffekte“. „Man bekommt die Infrastruktur vom Partner und der Kreis hat eine direkte Einflussnahme und kann Arbeitsplätze sichern.“ Stefan Marzischewski-Drewes (AfD) forderte eine Bürgerbefragung.
Bei dem letzten Tagesordnungspunkt der Kreistagssitzung türmten sich dann sechs Anträge, die beim Zählen den beiden Vorsitzenden Ottmar Bartels (SPD) und Horst Schiesgeries (CDU) alles abforderten. Die Ergebnisse waren knapp. Vor der Abstimmung hatte Dirksmeyer-Vielhauer vergeblich an die Fraktionen der SPD und die Gruppe Grüne/Linke/Die Partei appelliert, die gewählten Mehrheitsverhältnisse nicht zu unterlaufen. Fünf CDU-Abgeordnete und ein FDP-Abgeordneter fehlten bei einem nicht anwesenden SPD-Abgeordneten. Zumindest für die drei erkrankten CDU-Abgeordneten sollte die Gegenseite ihrerseits auch auf drei Stimmen verzichten, bat sie. Mit großer Mehrheit abgelehnt wurden die AfD-Anträge zur Bürgerbefragung und das Ziehen der Option bis 2027 mit der Vorgabe, zu eruieren, ob es genug Marktanbieter gibt. Der Antrag von CDU/UWG/FDP auf Vergabe an Drittanbieter scheiterte mit 24 zu 28 Stimmen. Mit dem gleichen Ergebnis abgelehnt wurde der Antrag von Dierksmeyer-Vielhauer, den Passus im Vertrag von 2016 zu streichen, der besagt, wenn es keine Einigung gibt, dann eine vollständige Rekommunalisierung vorzunehmen.