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Nabu: Mistel saugt sich tief in die Altmark – Obstbaumalleen gefährdet

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Von: Marco Hertzfeld

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Eine Mistel breitet sich in einem Baum aus.
Die zwei Seiten der Mistel: Die Heilpflanze breitet sich aus und trifft nicht zuletzt wertvolle Obstbaumalleen. In der klassischen Heilkrautkunde unterstützt die Mistel die Therapie gegen Bluthochdruck und Arthrosen. © dpa

Die Mistel saugt sich tief in die Gegend. Stendals Kreischef Dr. Peter Neuhäuser in Buch (Tangermünde) sieht lokal größere Bestände. Und: Obstbaumalleen sind gefährdet.

Buch – Die Mistel nimmt in manchen Gegenden der Republik überhand. Für die östliche Altmark und den Elb-Havel-Winkel will Dr. Peter Neuhäuser momentan nicht gleich von einer regelrechten Plage reden. „Nein, wir haben lokal größere Bestände entlang der alten Obstbaumalleen und in Hybrid-Pappeln“, teilt der Kreisvorsitzende des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) in Buch auf Nachfrage der AZ mit. Als Beispiel nennt der Tangermünder die Obstbäume zwischen Hindenburg und Werben. Im Großen und Ganzen treffe es in der Region überalterte Bestände. Wie schnell sich die kugelig wachsende Pflanze weiter ausbreitet, bleibt abzuwarten. Der Nabu in Sachsen hat bereits Alarm geschlagen.

Sachsen schlagen bereits Alarm

In Nordsachsen und im Dresdner Raum seien Misteln inzwischen „zum echten Problem geworden“, heißt es in einem Internetschreiben, auf das Stendals Nabu-Kreis-chef Dr. Neuhäuser in dieser Woche verweist. Wer die Mistel nicht näher kennt: Die Pflanze lebt als sogenannter Halbschmarotzer und entzieht dem Wirt mit ihren Saugwurzeln Wasser und Nährstoffe. Die Laubholzmistel sei deutschlandweit auf dem Vormarsch. Besonders gefährlich werde es demnach für jene Bäume, die nicht rechtzeitig und regelmäßig gepflegt würden. Vor allem mit Blick auf Streuobstwiesen und ihrem wertvollen Bestand an alten, oftmals seltenen Apfelsorten sei unbedingt erhöhte Aufmerksamkeit geboten.

Altmärker erkennt noch keine Plage

Kurz vor dem Jahreswechsel schaffte es die Mistel auf so manche Zeitungstitelseite. Die AZ in Stendal schrieb von der Mistel, die zur Plage werde, und verwies auf Informationen der Naturschutzorganisation Nabu. Die Laubholzmistel breite sich seit den 1990er-Jahren stark aus und werde in manchen Gegenden zur Plage. Der Befall kann bei Obstbäumen unter anderem zu Wucherungen und krebsartigen Schäden führen. Betroffene Exemplare sollten laut Nabu im Spätwinter und im zeitigen Frühjahr beschnitten werden. Äste müssten dann mindestens 30 bis 50 Zentimeter ins gesunde Holz zurück abgesägt werden. Die Ausbreitung der Mistel könnte damit in der Regel gestoppt werden.

Wirt verliert Wasser und Nährstoffe

Im Winter sieht man die Mistel, die bis zu 70 Jahre alt werden kann, schon von Weitem. Das Laub fehlt, sie sitzt wie Punkte in den Ästen und Zweigen. Was viele nicht wissen dürften: Der Pflanze werden Heilkräfte nachgesagt. Und: Für ihre Verbreitung hat sich die Natur einen Trick ausgedacht. Fast 30 Vogelarten haben die weißen, extrem klebrige Mistelbeere auf dem Speiseplan. Wetzen die Tiere ihren Schnabel an der Rinde oder hinterlassen ihren Kot, kann der Anfang gemacht sein. Als Ursache für die Ausbreitung in Streuobstbeständen sehen Nabu-Experten vor allem deren unregelmäßige Pflege. Zudem begünstigten wahrscheinlich auch klimatische Veränderungen den Vormarsch.

Die Mistel tritt in etwa 70 bis 120 Arten auf, das Verbreitungszentrum liegt offenbar im südlichen Afrika und auf Madagaskar. Wenige Arten erreichen gemäßigte Klimazonen. In der Altmark und darüber hinaus gibt es einen Brauch, gerade in der Weihnachtszeit: Man sagt, dass es Paaren Glück bringt, sich unter einem Mistelzweig zu küssen. Die Naturschutzorganisation Nabu hält im Übrigen noch nicht alle Fragen zur Ausbreitung und Bekämpfung der Mistel für geklärt. Obst-Forschungseinrichtungen in Bund und Ländern sollten das Ganze systematisch untersuchen, biologische Bekämpfungsmethoden erproben sowie Kommunen und Verbände über den Stand der Dinge informieren.

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