Von einem drohenden Abriss will Michael Trösken nichts wissen. Mit Wolfgang List, einem weiteren Eisenbahnfreund, macht er sich für den Erhalt des gerade einmal an die 20 Quadratmeter großen Objektes stark. „Das Häuschen gehört doch einfach zum Ensemble. Es einfach wegzunehmen, wäre fahrlässig und unklug. Zudem steht es unter Denkmalschutz, ein Abriss wäre nur unter bestimmten Bedingungen möglich“, meint Heimatfreund Trösken in dieser Woche gegenüber der AZ. Es bleibe dabei: Bauplanung und Sanierung seien Sache anderer, List und er würden ausschließlich bei der Ausgestaltung der kleinen Halle helfen. „Mehr können wir als Bürger nicht leisten.“
Nach AZ-Informationen soll eine Sanierung etwa 65.000 Euro und mehr kosten. Wie viel Fläche den Bahnfreunden danach zur Verfügung stehen könnte, ist noch offen, wie so vieles. Historische Aufnahmen vom Häuschen zeugen von einer durchaus ansehnlichen Fensterarchitektur. Trösken ordnet sie im weitesten Sinne dem Jugendstil zu. Orientiert sich der Umbau des mehr als 100 Jahre alten Kleinods daran, bleibe auf einer Seite der untere Bereich, etwa für eine Art Bilderband zur Stendaler Eisenbahngeschichte. Auf einer Seite soll die Kopie eines sechs Meter langen Gleisplans von 1925 angebracht werden, womöglich verkleinert. Untergebracht werden soll zudem ein Regal mit Fachliteratur.
Mit einem Gitter möge der Zugang zum Abend hin versperrt werden, die Bahnhofsmission könnte die Halle betreuen. So hatte es Trösken zuletzt umschrieben. Der Stendaler glaubt an ein lohnendes Projekt, dessen Ergebnis Einheimische und Gäste gleichermaßen freuen würde. Bei der Zeitschiene sieht er keinen Druck, momentan jedenfalls nicht. Der Sachsen-Anhalt-Tag als größeres Schaufenster der Stadt ist wegen Corona von 2022 auf 2024 verlegt worden. Aus dem Rathaus heißt es aktuell noch: „Zwischen den beteiligten Fachämtern und der Bahn gab es bereits mehrere Austauschrunden. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es in der Sache allerdings noch nichts Konkretes zu berichten.“
Kommentar von AZ-Redakteur Marco Hertzfeld
Zuggeschichte(n) / Areal verdient besondere Note:
Der ganz große Zeitdruck besteht nicht mehr, das Landesfest mit einer viertel Million Besucher und mehr ist auf 2024 verschoben. Die Initiatoren, engagierte Heimatfreunde seit Jahren, geben sich ziemlich entspannt, das ehrt sie. Doch allmählich sollten Stadt und Bahn zu Potte kommen. Böse Zungen könnten ansonsten meinen, es bestehe gar kein echtes Interesse am Bestand des Objektes und ein Abriss sei durchaus eine Option. Dabei ist ein saniertes und umfunktioniertes Tunnelhäuschen eine echte Chance, den Bahnhofsvorplatz der Kreisstadt unverwechselbar zu gestalten. Stendal könnte mit einem Schmuckkästchen nicht zuletzt bei Touristen punkten.