Getragen wird das Ganze nicht zuletzt von einem Stadtratsbeschluss aus dem Frühjahr, der auf einem Antrag der Fraktion SPD/FDP/Ortsteile basiert. Die Initiative soll Wunden schließen helfen und keine alten wieder aufreißen, hieß es schon damals. Die Schulleitung an der Goethestraße habe in Abstimmung mit der Gesamtkonferenz das Projekt Namensfindung wegen der Covid-19-Pandemie und der daraus resultierenden Homeschooling-Situation auf den Herbst verlegt, weiß Hellmuth. Inzwischen sei es durch Beschluss der Gesamtkonferenz der Schule am 5. Oktober angeschoben. In Schulprojekten sollen gemeinsam mit Schülern und auch Elternvertretern und Lehrern bis zu den Sommerferien ein oder mehrere Namensvorschläge gefunden werden.
Wer es nicht weiß: Eine Gesamtkonferenz ist ein wichtiges Gremium in der organisatorischen, pädagogischen und teils auch fachlichen Gestaltung, ihr gehören die Lehrkräfte sowie Schülervertreter und Elternvertreter an. „Der neue Name soll zu den Zielen und Lernkonzepten der Schule passen.“ Der Vorschlag nach den Sommerferien fließe in einen Beschlussantrag der Verwaltung, der in die Ausschüsse und den Stendaler Stadtrat zur Beschlussfassung kommt. So weit das Prozedere, stärker in die Karten schauen lässt sich die Stadtsprecherin nicht. „Die Favoriten werden noch nicht veröffentlicht. Zunächst soll sich die Gesamtkonferenz der Schule mit dem Thema beschäftigen. Dort wird sicher ein schöner Name gefunden.“ Lindgren, Goethe oder doch ein ganz anderer?
Winckelmann, Hildebrand oder doch ein ganz anderer? Ein gemeinsamer Name wird bekanntlich für das Winckelmann-Gymnasium und das Gymnasium „Rudolf Hildebrand“ in Stendal gesucht, 2022 sollen beide zusammengehen. Schulträger ist dort der Landkreis und Ansprechpartner damit der Kreistag. „Formal müssen Schulen keinen eigenen Namen haben“, weiß die Stadtsprecherin. Eine bloße Nummerierung, welche die Zuordnung und Adressierung ermögliche, sei verwaltungsrechtlich ausreichend. „Ein Schulname sei natürlich identitätsstiftend. „Jeder Mensch erinnert sich heute noch an den Namen seiner ersten Schule. Diese Identität kann bei einer Schule mit dem Namen ,GTGS – Ganztagsgrundschule an der Goethestraße’ wohl kaum entstehen.
Und ja, deshalb begrüße die Stadtverwaltung die Initiative der Gesamtkonferenz, im Projektweg eine „breite Diskussion zur Namensgebung“ zu beginnen. Die Einbeziehung aller Schüler scheine dort der richtige Weg zu sein. Zum Prozedere der Namensgebung im Allgemeinen ergänzt Hellmuth noch: Der Stadtrat beschließt den Namen im Einvernehmen mit der Gesamtkonferenz und dem Landesschulamt. Einvernehmen heißt, dass beide zustimmen müssen. Stimmt einer nicht zu, wird der Stadtratsbeschluss nicht wirksam und es muss ein neuer Name gefunden werden. Kurzum: Um das Verfahren zu vereinfachen, bietet es sich schlichtweg an, dass dem Stadtrat der Hansestadt Stendal ein Vorschlag vorgelegt wird, dem die Gesamtkonferenz und das Schulamt schon zugestimmt haben.
Kommentar von AZ-Redakteur Marco Hertzfeld
Mehr als ein Projekt: Kinder dürfen querschießen:
„Name ist Schall und Rauch.“ Das lässt Goethe seinen Faust sagen. Ausgerechnet Goethe. Ob das allen Ernstes ein Fingerzeig für Schule, Behörden und Politik sein kann, wohl eher nicht. Dass Lindgrens anarchische Pippi und deren „Ich mach’ mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt“ automatisch zieht, auch das muss nicht bereits ausgemacht sein. Wer in der DDR zur Schule gegangen ist, bei dem dürften noch Lenin, Marx, Engels, Luxemburg, Pieck und Becher nachklingen, einige Namen kommunistischer Größen haben ja die politische Wende zudem überlebt. So oder so sollte doch vor allem das Wort der Kinder zählen. Und die Erwachsenen sollten ein Stück weit darauf vertrauen müssen, dass es der Nachwuchs zumindest beim Namen möglichst bunt treiben könnte.