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Update: Ermittlungen zur vermissten Inga gehen weiter - Neue Ansätze angekündigt

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Von: Christian Wohlt

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Die damals fünfjährige Inga G. aus Schönebeck verschwand im Mai 2015 in Wilhelmshof (Stendal) spurlos.
Die damals fünfjährige Inga G. aus Schönebeck verschwand im Mai 2015 in Wilhelmshof (Stendal) spurlos. © Archiv

Bald jährt sich das Verschwinden der kleinen Inga zum achten Mal. Die Familie lebt seit 2015 damit, dass das Schicksal des Mädchens ungeklärt ist. Die Polizei geht nach wie vor Hinweisen nach. Jetzt schauen Parlamentarier, ob es Versäumnisse und Fehler gab.

Magdeburg / Altmark / Stendal – „Der Vermisstenfall Inga wurde zu keinem Zeitpunkt zu den Akten gelegt und wird es auch nicht“, versicherte Landesinnenministerin Tamara Zieschang (CDU) vor dem Gremium. „Die Ungewissheit macht traurig und nachdenklich“, sagte sie an die ebenfalls anwesenden Eltern gewandt.

+++ UPDATE, 17 Uhr +++

Die fünfjährige Inga verschwand am 2. Mai 2015 bei einem Besuch mit ihrer Familie im abgelegenen Stendaler Ortsteil Wilhelmshof – bis heute ist ihr Schicksal ungeklärt. „Für die Landespolizei ist die Aufklärung dieses Falles von herausragender Bedeutung. Das war es von Anfang an, das ist es bis heute und das gilt auch in Zukunft“, sagte Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags in Magdeburg. Die Eltern des Mädchens waren bei der Sitzung anwesend. Sie und ihre Anwälte hinterfragten zuletzt auch öffentlich die Ermittlungen und die Polizeiarbeit, wünschen sich neue Ermittlungsansätze.

Verfolgten die Sitzung des Innenausschusses des Landtages (v.l.): Vater Jens-Uwe Gehricke, Mutter Victoria Gehricke und Rechtanwältin Petra Küllmei.
Verfolgten die Sitzung des Innenausschusses des Landtages (v.l.): Vater Jens-Uwe Gehricke, Mutter Victoria Gehricke und Rechtanwältin Petra Küllmei. © dpa

„Die Ungewissheit zum Verbleib Ihrer Tochter macht nicht nur Sie betroffen, sondern genauso uns. Es macht einen traurig, es macht einen nachdenklich“, sagte die Innenministerin. Der Fall sei nicht zu den Akten gelegt und werde es auch nicht. Am 2. Mai 2015, einem Samstag, war das kleine Mädchen mit seiner Familie aus Schönebeck im Stendaler Ortsteil Wilhelmshof zu Besuch. Bei der Vorbereitung eines Grillfestes wurde die Fünfjährige das letzte Mal gesehen.

Zweiter Blick anderer Teams auf ergebnislose Ermittlungen

Zieschang kündigte einen neuen Umgang mit langjährig ergebnislosen Ermittlungen an. In Fällen, in denen alle Ermittlungsansätze der Ermittlungsgruppen in den örtlich zuständigen Polizeiinspektionen ausgeschöpft seien, sollen Teams anderer Inspektionen Vorgänge temporär übernehmen. Sie sollen Erkenntnisse und Spuren der jeweiligen Fälle auf weitere Ermittlungsansätze hin überprüfen, wie Zieschang sagte. Dabei gehe es um eine unvoreingenommene Perspektive auf die Vorgänge. Die Anwältin der Mutter von Inga, Petra Küllmei, begrüßte diesen Schritt.

Am Donnerstag ließen sich die Parlamentarier von der Landesregierung über die bisherigen Ermittlungen im Fall Inga unterrichten. Bislang gibt es keine heiße Spur. Landespolizeidirektor Mario Schwan umriss den großen Aufwand der Ermittler: 34 Suchmaßnahmen habe es rund um den Ort des Verschwindens des Mädchens gegeben, es wurde in mehreren Bundesländern, in Tschechien und in Österreich gesucht. Laut Justizministerium wurde mehr als 2000 Spuren und Hinweisen nachgegangen, aktuell seien sieben in Bearbeitung.

Landespolizeidirektor Schwan berichtete von polizeilichen Fallanalysen in Brandenburg und Niedersachsen, bei denen Spurenkomplexe erneut überprüft worden seien. In Sachsen-Anhalt hatte es 2019 eine Prüfgruppe gegeben, die sich den Fall Inga nochmals genau ansah, aber auch nicht zu einer heißen Spur oder Tatverdächtigen kam. Die Abgeordneten fragten zu den Hintergründen der Prüfgruppe, diverse Fragen blieben offen und sollen möglichst noch geklärt werden.

Die Anwältin der Mutter von Inga, Petra Küllmei, sagte über ihre Mandantin: „Sie ist froh, dass das Thema ihrer vermissten Tochter wieder auf der Tagesordnung ist.“ Die Familie wünsche sich neue Ermittlungsansätze und neue Hinweise auch nach so langer Zeit. Die Mutter sage, sie würde es spüren, wenn Inga nicht mehr leben würde. „Das ist auch die Hoffnung, die sie hat.“ Beide, Vater und Mutter, wünschten sich die Aufklärung des Schicksals ihrer Tochter. Es gehe nicht vordergründig darum, einen Täter zu finden. Es gehe darum zu klären, was passiert sei. Küllmei sagte, ihre Mandantin sei mit dem Verlauf der Ausschusssitzung insofern zufrieden, als dass die ungeklärten Fragen weiter behandelt würden. (dpa)

+++ Erstmeldung +++

Die Ministerin reagierte damit auf deren öffentlich vorgebrachten Vorwürfe, die Ermittlungen in dem spektakulären Fall würden nicht konsequent genug geführt, wichtige Spuren nicht verfolgt, was Anlass für die Selbsbefassung im Ausschuss war. Das damals fünfjährige Mädchen Inga G. war im Mai 2015 im Stendaler Ortsteil Wilhelmshof verschwunden. Trotz sofortiger, großangelegter Suchaktion fehlt von ihr seitdem jede Spur.

Aktuell wird sieben Hinweisen nachgegangen

Landespolizeidirektor Mario Schwan berichtete über die umfangreiche polizeiliche Ermittlungstätigkeit in dem Fall. Ob es sich um ein Kapitalverbrechen, eine Kindesentziehung oder einen Unfall handelt, sei aber noch immer ungeklärt. „Polizei und Staatsanwaltschaft gehen weiterhin jedem Hinweis nach, der doch noch zur Aufklärung dieses Falls beitragen könnte“, sagte Oberstaatsanwältin Uta Wilkmann. Die Untersuchungen würden sehr aufwendig geführt, die Akten dazu bereits 20 Umzugskartons füllen. Aktuell würden sieben Spuren verfolgt.

Inga weiterhin Thema im Innenausschuss

Die Ausschussmitglieder nahmen die Vertreter der Ermittlungsbehörden ins Kreuzverhör. Dabei ging es nicht nur um die genauen Abläufe und die erhobenen Vorwürfe, sondern auch um grundsätzliche Fragen der polizeilichen Arbeit. Nicht alle Fragen konnten abschließend geklärt werden. Das Thema wird den Innenausschuss in dessen kommender Sitzung erneut beschäftigen.

Fallmanagement wird neu organisiert

Wenn Ermittlungen nach Tötungs- und Vermisstenfällen lange ergebnislos bleiben, sollen in Sachsen-Anhalt unbeteiligte, erfahrene Ermittlerteams für einen zweiten Blick eingeschaltet werden. Die Landespolizei werde das so genannte Fallmanagement neu organisieren, kündigte Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) am Donnerstag im Innenausschuss in Magdeburg an.

In Fällen, in denen alle Ermittlungsansätze der Ermittlungsgruppen in den örtlich zuständigen Polizeiinspektionen ausgeschöpft seien, sollen Teams anderer Inspektionen Vorgänge temporär übernehmen. Sie sollen Erkenntnisse und Spuren der jeweiligen Fälle auf weitere Ermittlungsansätze hin überprüfen, wie Zieschang sagte. Dabei gehe es um eine unvoreingenommene Perspektive auf die Vorgänge. Anlass ist laut Zieschang nicht nur der Fall der seit 2015 spurlos verschwundenen Inga, sondern etwa auch der einer seit 2019 in Leipzig vermissten Studentin, deren Knochen jüngst in einem Waldgebiet im Burgenlandkreis gefunden wurden.

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