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Fallenjagd fern: Nutria in der Stadt Stendal muss nicht zittern

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Von: Marco Hertzfeld

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Nutrias fressen nahe einer Straße in Stendal.
Es sind augenscheinlich ältere Jungtiere, die auf der Suche nach Futter bis an die Fahrbahn gelangen. Von Fußgängern und Fahrzeugen lassen sich die Nutrias nicht stören. © Hartmann, Stefan

Die Stadtnutria in Stendal muss nicht zittern. Stendal steht weiterhin ohne Fallenjagd da und setzt beim Großnager, der ursprünglich aus Südamerika stammt, auf einen harten Winter.

Stendal – Die Nutria lässt Stendal nicht los. Ursprünglich aus Südamerika stammend, hat die Art ganz offensichtlich auch bislang diesen Winter überstanden. Jüngere Exemplare haben sich kürzlich nahe der Uchte entlang einer Straße zwischen parkenden Autos herumgetrieben. Die Nutria gilt gemeinhin als Schädling. „Die Stadt unternimmt derzeit nichts gegen die Tiere. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Winter auf die Populationen ausgewirkt hat“, heißt es auf AZ-Nachfrage aus dem Rathaus. „An der Bereitschaft der hiesigen Jägerschaft, sich nicht an der Bekämpfung der Nutria im Stadtgebiet zu beteiligen, hat sich nichts geändert.“ Die Fallenjagd-Pläne der altmärkischen Kommune hatten auf den Monat genau vor zwei Jahren zu Kritik der Tierrechtsorganisation Peta geführt.

Großnager spaltet die Meinungen

Politik und Verwaltung scheinen ziemlich ratlos oder auch entspannt. „Inwieweit eine öffentliche Ausschreibung der Leistung Fallenjagd zielführend ist und welche Kosten damit verbunden sind, wurde bisher noch nicht hinterfragt.“ Mit ihren Bauen schädigten die Tiere die Uferböschungen und steigerten die Gefahr des Abrutschens. „Die Schäden sind eine Gefahr für alle Personen, die in die Nähe der Ufer gehen würden und können im Extremfall auch die Standfestigkeit naher Gebäude gefährden“, lässt ein Stadtsprecher nach Rücksprache mit dem Fachamt weiter wissen. Laut Fachliteratur verursacht die Nutria gelegentlich auch Fraßschäden an Feldfrüchten der Landwirtschaft. Sie unterhöhlt Deiche. Zudem schädigt sie die Uferröhrichtdichte und schränkt so Lebensräume seltener Arten ein.

Einwanderer lädiert die Uferböschungen

Hinsichtlich der Population hält sich die Stadtverwaltung nur für begrenzt aussagekräftig und verweist auf das Kreisumweltamt. Nur so viel: „Der offensichtliche Schwerpunkt ist der Stadtsee, wo wir von 15 Tieren wissen. Ein weiteres Tier ist öfters in der Uchte beim Nachtigalplatz zu sehen. Mindestens zwei weitere Tiere sind in den Gräben bei Bindfelde gesehen worden.“ In jüngerer Vergangenheit tauchte die Nutria auch am Schwanenteich auf. Dass in der Uchte Familien unterwegs sind, haben immer wieder einmal Zeitungsfotos belegt. Die beiden AZ-Aufnahmen oben sind nur wenige Tage alt. „Nutrias unterliegen dem allgemeinen Schutz wild lebender Tiere wie etwa auch Enten, die sich ebenfalls auf den öffentlichen Verkehrsflächen bewegen. Da ihnen durch den Menschen keine Gefahr droht, haben sie auch keine Scheu.“

Der Bestand in Eurasien ist auf aus Pelztierfarmen entflohene Tiere und zudem auf bewusste Auswilderungen vor längerer Zeit zurückzuführen. Der Südamerikaner gilt als sogenannte invasive Art. In der Öffentlichkeit bestehe „ein gespaltenes Verhältnis“ zur Nutria im Stadtgebiet, heißt es dazu von Rathaussprecher André Projahn. „Viele Menschen empfinden sie als bedrohlich, andere wiederum sprechen ihnen als Lebewesen das Recht auf Leben zu und manche Menschen betrachten sie als possierliche Tierchen. Der Umgang mit diesen Tieren ist eine Gratwanderung.“ Und weiter: „Es würde enorm helfen, diese Tiere nicht noch anzulocken, zu füttern und so an den Menschen zu gewöhnen.“ Immer wieder gebe es Verstöße gegen das Fütterungsverbot der Stadt.

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