„Es besteht absolute Bausicherheit, aber es ist nicht renoviert“, erklärt Falke in den Kellerräumen, was alle sehen. 2012 ist die Ausstellung eröffnet worden. Mitte der 1990er-Jahre haben die GUS-Streitkräfte Stendal endgültig verlassen. Die fremden Soldaten hinterließen Spuren, die nach der politischen Wende in Ostdeutschland vielen nicht besonders wertvoll erschienen, manches ging verloren. Als die Tauentzienkaserne zur Hochschule umgebaut wurde, fanden Arbeiter noch einige Dinge, die vom Leben der früheren Besatzungsmacht zeugten. Und selbst davon dürfte es nicht alles in die Ausstellung geschafft haben. Ein Stahlhelm mit rotem Stern, der auf einem Stuhl abgelegt ist, könnte einst von einem Russen, Kasachen, Ukrainer oder einem anderen Landsmann in der an Nationalitäten durchaus reichen sowjetischen Armee getragen worden sein.
Der Komplex an der Osterburger Straße hat eine recht lange militärische Vergangenheit. Von 1936 bis 1938 errichtet, führten zunächst die Deutschen selbst dort das Kommando. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 zog die Rote Armee ein. Eine Streichholzschachtel, eine angebrochene Schallplatte, Kondensmilch, die mittlerweile ungenießbar sein dürfte, das und mehr hat die AZ schon vor acht Jahren vorstellen dürfen. Allesamt tragen die Stücke kyrillische Buchstaben und sind auf dem Gelände gefunden worden. Zur Stendaler Hochschulsammlung gehören auch Schwarz-Weiß-Fotos, die eine oder andere Uniform, Plakate und Propagandawände der sowjetischen Armee sowie etliche Ehrenabzeichen. „Wenn ehemalige russische Soldaten uns besuchen, kann es bei ihnen schon ziemlich emotional werden“, berichtet Falke.
Das historische Zimmer ist das Herzstück der Kelleranlage. Wie viele Gruppen sie bereits begrüßen konnte, kann Falke vom Büro für Regionalkontakte der Hochschule auf die Schnelle gar nicht sagen. Unerheblich dürfte die Zahl nicht sein. Ein Gästebuch lässt das Interesse erkennen. Einer der am weitesten gereisten Besucher dürfte ein Professor aus dem japanischen Nagasaki gewesen sein. Für Altmärkerin Falke ist die Präsentation ein wichtiges Stück Zeitgeschichte, das auch weiterhin nicht an die ganz große Glocke gehängt werden soll. Anmeldungen gebe es auch nach der Coronapause schon wieder. Andere Räume links und rechts des Gangs rücken vor allem die Arbeit der Hochschule selbst und akademische Partner weltweit in den Fokus. Inwieweit der Ukrainekrieg später ohne den Notizblock einer Zeitung eine Rolle gespielt hat, muss offenbleiben.
Kommentar von AZ-Redakteur Marco Hertzfeld
Nicht nur Russen in Sowjettruppe / Wortwahl wichtig:
Es dürften nicht zuletzt Russen gewesen sein, die gegen Nazideutschland kämpften und später die Besatzungsmacht in der DDR ausmachten. Aber natürlich: Die Rote Armee hatte viele Gesichter. Kirgisen, Armenier, Turkmenen, Kasachen und weitere Volksgruppen waren vertreten, und eben auch Ukrainer. Inwieweit das den einzelnen Nationalitäten und Ländern noch heute wichtig ist, lässt sich aus der Ferne sicherlich schwer einschätzen. Eines sollte hingegen klar sein: Durch den russischen Angriff auf die Ukraine ist die Geschichte mehr denn je politisiert und jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt. Wenn für damals sowjetische Soldaten gemeint sind, sollte sie also auch so benannt sein.