Dass die Forderungen schwer durchzusetzen wären, schien Politik und Verwaltung von Beginn an klar. Dem Landkreis sind die Personalien von vier Personen bekannt, auf ein Anhörungsverfahren wurde nicht reagiert. Jedoch und sowieso werde es alles Voraussicht nach nicht möglich sein, diese Leute über entsprechende Bescheide haftbar zu machen, weil „man den beräumten Unrat ihnen nicht zweifelsfrei zuordnen kann“, heißt es in dem aktuellen Papier. Sach- und Personalkosten der Beräumung des verlassenen Camps geltend machen zu können, fehle damit eine „hinreichend sichere Grundlage“. Zumal sich die Adressaten wohl „mit anwaltlicher Hilfe zur Wehr setzen“ würden.
Dass die Stadt Stendal „in ähnlicher Sachlage“ bei den „Kreideschmierereien auf dem Marktplatz“ eine gerichtliche Niederlage kassiert hat, spielt in der Einschätzung ganz offensichtlich ebenfalls eine Rolle. Kreidereste einer Protestaktion hatten sich als hartnäckig erwiesen. Unterm Strich sieht die Kreisverwaltung jedenfalls „keine Aussicht auf Erfolg“. Vielmehr geht sie davon aus, „dass auch die gegnerischen Anwaltskosten dem Landkreis gerichtlich auferlegt“ würden. Dass es geboten sei, „die Verursacher haftbar zu machen und Schaden für den Steuerzahler zu vermeiden“, stehe außer Frage. „Auf den Versuch der Durchsetzung zu verzichten, ist den Bürgern schwer zu vermitteln.“
Bei all dem und ob des Gebotes zur sparsamen Haushaltsführung will und kann die Verwaltung laut eigenem Papier ein Nachsetzen „nicht empfehlen und verzichtet, um weitere Kostensteigerungen zuungusten der Steuerzahler zu vermeiden, auf den Versuch der Durchsetzung“. Bedeutet: „Damit sind die Verfahren einzustellen.“ Den Antrag, der Landkreis möge sich bei den Kosten der Beräumung an die Verursacher halten, hatte die AfD-Fraktion Ende Oktober gestellt. Der Kreistag beschloss ihn mit Änderungen Mitte November. Umweltaktivisten hatten den Privatwald im Frühjahr 2021 besetzt. Die Aktion gegen die Nordverlängerung der A 14 hatte über die Region hinaus für Aufsehen gesorgt.
Kommentar
Von AZ-Redakteur Marco Hertzfeld
Imageproblem bleibt / Klimakämpfer verrechnen sich:
Dass eine Verwaltung ihre Kosten bis auf den Cent genau aufgelistet haben will, liegt in ihrer Natur. Der Bürger und Steuerzahler darf damit rechnen. Schon die Protestaktion im Losser Forst selbst hatte die Meinungen gespalten. Auf wirklich fruchtbaren Boden sind die Forderungen der Klimaaktivisten in der Region nicht gefallen. Und so könnte auch so mancher Kreispolitiker den von der Verwaltung empfohlenen Weg nicht mitgehen und Kante zeigen wollen. Dass es bei einem Rückzieher bleibt und der Landkreis den Waldbesetzern gegenüber keine weitere Rechnung aufmacht, scheint keineswegs sicher. Bei allen möglichen und unmöglichen politischen Fragen haben doch vor allem die Umweltaktivisten verloren. Ihnen wäre kein Zacken aus der Krone gebrochen, hätten sie für einen geordneten Rückzug aus dem Waldstück gesorgt. So bleibt das Bild von Müll und Baumhausresten. Dieser Kampf gegen den Klimawandel hat im Landkreis Stendal mehr denn je ein Imageproblem.