Dr. Nicole Eilers ist leitende Historikerin beim Verteidigungsministerium der USA und gehört der Defense POW / MIA Accounting Agency (DPAA) an. Sie ist dort für Europa und den Mittelmeerraum zuständig. Seit Montag ist die Historikerin mit einem Team, zu dem ein Archäologe, zwei Historiker, ein Dolmetscher und ein Kampfmittelspezialist der amerikanischen Streitkräften sowie ein Sanitäter gehören, in der Altmark beim Graben. Erste Erfolge waren gestern bereits zu verzeichnen.
Zeitzeugen hatten berichtet, dass der Bomber beim Aufschlag explodiert sei und das Loch mit den Trümmern und Toten zugeschoben wurde. An jenem Tag tobte über der Altmark eine Luftschlacht, bei der in nur 23 Minuten 17 viermotorige Bomber des Typs B-24 „Liberator“ (je zehn Mann Besatzung) sowie acht Begleitjäger der Typen P-51 Mustang“ und P-47 „Thunderbolt“ abgeschossen wurden. Zugleich mussten die Angreifer böse Verluste hinnehmen: 40 deutsche Jäger Messerschmitt Bf 109 und Focke Wulf Fw 190 wurden von den Amerikanern vom Himmel geholt. Deutscherseits fielen 32 Flugzeugführer, sieben wurden verwundet, nur einer kam mit leichten Verletzungen davon.
Grundlage für die Suche der Amerikaner, die den Auftrag haben, die sterblichen Überreste ihrer Gefallenen zurück in die Heimat zu bringen, sind die sogenannten Missing Air Crew Reports (MACR). Das sind unmittelbar nach den Einsätzen von den zurückgekehrten Flugzeugbesatzungen geschriebene Meldungen über ihre abgeschossenen Kameraden. Diese sind teils sehr genau, nennen sogar kleine Dörfer namentlich, aber mitunter auch sehr vage wie „Raum Salzwedel“.
In Europa gelten nach Angaben der DPAA, für die Dr. Eilers arbeitet, noch etwa 28 000 US-Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg als vermisst. Etwa 7000 bis 8000 davon könnten noch geborgen werden. Nun haben sie in der Altmark eine ganz bestimmte Bombercrew im Visier. Ob es diese ist, die sie gefunden haben, will und kann Dr. Eilers noch nicht sagen. „Erst müssen die abschließenden Untersuchungen gemacht werden“, sagte sie gegenüber der AZ am Grabungsort.
Denn nun beginnt ein langwieriger Prozess: Gefundene Gebeine, Zähne, persönliche Utensilien werden zum Bestatter der Stationierungskräfte in Europa nach Landstuhl in Rheinland-Pfalz gebracht. Nach ersten Untersuchungen geht es von dort aus über die Ramstein-Airbase zu den Speziallaboren in die USA für nähere Untersuchungen. Das DPAA-Labor befindet sich auf Hawaii.
Der Zahnstatus der Vermissten ist durch ihre seinerzeitige Musterung bekannt. Auch die Knochen der Oberkörper, da sich alle eingezogenen Soldaten einer Röntgenuntersuchung unterziehen mussten. Dadurch sind die Vermissten identifizierbar. Sind die sterblichen Überreste durch den Absturz zu stark zerschlagen worden, kann ein indirekter DNA-Abgleich mit noch lebenden Verwandten weiterhelfen. Fällt dieser positiv aus, können die Angehörigen die sterblichen Überreste ihrer bis dato vermissten Verwandten in den USA beisetzen.