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Cannabis-Diskussion bei Fraktionsmitgliedern im Salzwedeler Stadtrat

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Von: Leif Goetzie

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Joint wird angezündet
An Joints wie diesem entzündet sich weiterhin Kritik. Es gibt in der politischen Landschaft aber auch breite Zustimmung für Teilaspekte einer zunehmenden Öffnung wie Medizinalcannabis, das auf dem Foto zu sehen ist. © Christoph Soeder / dpa

Es gilt als ein urgrünes Thema – die Frage nach mehr Liberalität und weniger Strafbarkeit bei der Beschaffung und dem Konsum von leichten Drogen. Die Ampel in Berlin ist sich in dieser Frage allerdings, man möchte sagen, ausnahmsweise, weitgehend einig.

Salzwedel – Von FDP-Justizminister Buschmann über den grünen Landwirtschaftsminister Özdemir bis hin zum sozialdemokratischen Gesundheitsminister Lauterbach betonen alle den positiven Schritt, der damit verbunden wäre: mehr Kontrolle, weniger Organisierte Kriminalität sowie mehr Jugend- und Gesundheitsschutz. Aber bei Weitem nicht jeden überzeugt diese Einschätzung.

Bei einer Umfrage unter Fraktionsmitgliedern des Salzwedeler Stadtrates ergibt sich ein gespaltenes Bild.

Wolfgang Kappler, von der Fraktion „Stadt bis Land“ vertritt eine klare Meinung: „Ich halte davon gar nichts. Der medizinische Einsatz ist für mich in Ordnung, aber der private Anbau – wer soll das denn kontrollieren?“

Ganz ähnlich äußert sich auch sein Kollege von der Freien Fraktion, Nils Krümmel. Den Konsum zur Schmerzlinderung bei schweren Erkrankungen sieht er zwar positiv und würde sich hier sogar eine leichtere Zugänglichkeit wünschen, da er dies im privaten Umfeld auch einmal erlebt habe, aber: „Es wird sehr viel Schindluder damit getrieben. Ich habe viel mit Jugendlichen zu tun und habe die Gleichgültigkeit und Trägheit gesehen, die der Konsum auslöst.“

Kommerzielle Ausweitung befürchtet

Krümmel hat enorme Zweifel, dass Kontrolle so möglich ist und geht noch weiter. „Ich befürchte, dass sich dann doch irgendwann ein Konzern des Themas annehmen darf“, so der Gastronom.

„Es ist zwiespältig“, sagt Roland Karsch (AfD). Es gäbe zwar keine Belege oder Studien, die die Suchtgefahr oder den Einstieg in härtere Drogen zweifelsfrei belegten, eine größere Kontrolle aus Gründen des Jugendschutzes befürwortet aber auch er. „Am besten macht man es wie in Holland und beschränkt den Konsum auf Coffee-Shops und die eigenen vier Wände“, so Karsch.

Lothar heiser von der CDU nimmt eine grundsätzlich distanzierte Haltung zu Betäubungsmitteln ein. Der 71-jährige Ex-Polizist hat negative Folgen des Genusses in seiner beruflichen Laufbahn häufig erlebt, spricht aber auch von unterschiedlichen Sichtweisen selbst in der eigenen Partei.

„Jeder, der eine Droge möchte, findet einen Weg. Mein Gesichtspunkt ist die Verkehrssicherheit. Daher bin ich gegen eine Legalisierung.“ Wie auch Barsch macht heiser eine Ausnahme: medizinische Gründe.

Nicht wenig überraschend unterstützt Grünen-Chef Martin Schulz das Gesetzesvorhaben. „Ich sehe mehr Chancen als Risiken“, sagt er und spielt dabei auf den Schwarzmarkt an. Natürlich sei das Problem bei exzessivem Konsum mit dem Gesetz nicht gelöst, aber das sei es ja bei anderen potenziell suchtgefährdenden, legalen Rauschmitteln auch nicht.

Ohne Gesetz findet Diskussion kein Ende

„Die Aufgabe, Heranwachsenden einen verantwortungsvollen Umgang beizubringen und Suchtentwicklungen zu vermeiden, kommt weiterhin den jeweiligen Elternhäusern zu“, ist Schulz überzeugt. Man müsse die Entwicklung nach Einführung weiter beobachten.

„Mit einem mahnenden Zeigefinger“, sieht das auch Norbert Hundt von der SPD so. „Die Diskussion ist ja nicht neu“, so Hundt. Man werde sie ohne das Gesetz auch nicht beenden können. Ob es zu einem Missbrauch komme, werde dann nur die Zeit zeigen können. Aber mit Restzweifeln unterstütze auch er die Freigabe.

Marco Heide von „Die Linke“, stellvertretend für seine nicht erreichte Fraktionschefin befragt, ist in der Runde einzig in Gänze uneingeschränkter Befürworter der Legalisierung und sieht im Alkoholkonsum die viel größere Gefahr: „Man wird im Unterschied dazu keinen Mediziner finden, der einem bestätigt, dass Cannabis tödlich sein könnte“, so Heide drastisch. Der 34-Jährige sieht als zusätzliche Vorteile: mehr Steuereinnahmen und weniger Schwarzmarkt.

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