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Besorgter Bürger: Alter Ukrainer-Friedhof in Salzwedel fast vergessen

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Von: Armon Böhm

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Friedhofsgelände am Birkenweg
Das ehemalige Friedhofsgelände am Birkenweg ähnelt mittlerweile einer kleinen Waldfläche, die sich nach hinten erstreckt. Nur ein Drittel ist noch frei, der Rest wird von zwei Wohngrundstücken als Gartenanlagen genutzt. © Böhm, Armon

Was heute wie eine kleine Waldfläche am Birkenweg in Salzwedel aussieht, soll vor hundert Jahren mal ein Friedhof für Kriegsgefangene samt Ukrainer-Denkmal gewesen sein. Peter Loeh aus Dolle ist um die Kulturstätte besorgt.

Salzwedel – Erst schrieb er dem deutschen Bundespräsidenten, dann dem Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt und schließlich landete sein Anliegen auch bei der Altmark-Zeitung. Jäger und Falkner Peter Loeh aus Dolle, ein Ortsteil der Gemeinde Burgstall im Nordosten des Landkreises Börde, sorgt sich um das Andenken an Kriegsopfer des Ersten Weltkriegs in der Hansestadt Salzwedel. Eine von Loeh als „Ukrainer-Friedhof“ bezeichnete Gedenkstätte sei nämlich mittlerweile so gut wie vergessen.

Laut den Unterlagen, die Peter Loeh der Redaktion zukommen lassen hat, sei der Friedhof, der sich zwischen dem Birkenweg und dem Ahornweg in Salzwedel befinden soll, vermutlich Ende 1914 angelegt worden. Auf ihm wurden verstorbene Insassen des Salzwedeler Kriegsgefangenenlagers, das während des Ersten Weltkriegs (1914-1918) errichtet wurde, beigesetzt.

Über 1000 Soldaten

Mindestens 456 namentlich bekannte und schätzungsweise insgesamt über 1000 Soldaten, deren Sterbedaten zwischen dem 22. November 1914 und dem 27. August 1920 lagen, sollen auf dem Friedhof begraben liegen – davon hauptsächlich Ukrainer. Daher wurde laut Informationen von Loeh am 3. Oktober 1918 ein Ukrainer-Denkmal eingeweiht.

1949 seien einige angefaulte Holzkreuze abgesägt und wieder eingesetzt worden. Nur zwei Jahre später hätten Unbekannte die noch 250 vorhandenen Kreuze gestohlen, und der letzte vorhandene Grabstein sei wenig später ebenfalls Opfer von Vandalismus geworden. Zwei Drittel der ehemaligen Friedhofsfläche seien nun in Benutzung als Gartenanlagen zweier Wohngrundstücke. Der zugewachsene Sockel des Ukrainer-Denkmals sei noch als versteckte Erinnerung an den Friedhof zu finden.

Holzkreuze vom Friedhof am Birkenweg
Ein Foto aus dem Salzwedeler Archiv zeigt die alten Holzkreuze, die 1951 gestohlen wurden. © Privat

Sache der Kommune

Auf Anfrage des Jägers und Falkners antwortete am 5. Januar dieses Jahres ein Vertreter des Bundespräsidenten: „Das einstige Kriegsgefangenenlager in Salzwedel erinnert an das Leid und das Elend, das mit dem Ersten Weltkrieg verbunden war. Wie mit den Erinnerungen daran vor Ort umgegangen wird, ist vor allem Angelegenheit der Kommune selbst, also der Stadt Salzwedel.“

Bei einer weiteren Anfrage an das Ministerium für Inneres und Sport antwortete am 30. Januar ein Beamter: „Die Stadt Salzwedel wurde beauftragt, aufzuklären, ob sich auf dem ehemaligen Perver Friedhof noch Verstorbene befinden.“ Bisherige Ergebnisse dieser bereits laufenden Nachforschungen liegen der AZ aktuell nicht vor.

Der Stadt unbekannt ist der Friedhof aber nicht. Bereits 2019 schrieb die AZ nach einem Fund des Salzwedeler Stadtarchivars Steffen Lan-gusch über Verbindungen des Generalmajors Alexandr Nikanorowitsch Kulikowskij zu Salzwedel von einem „Friedhof für das Gefangenenlager“. Doch besonders zur heutigen Zeit sei es laut Peter Loeh wichtig, der Toten von vor 100 Jahren zu gedenken und sie genauso wie die Unterstützung der Ukraine nicht zu vergessen.

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