In der Nacht vom 17. auf den 18. November 2021 soll der gelernte Verkäufer, der aktuell erwerbsunfähig sei und daher Bürgergeld beziehe, eine Frau in seiner Wohnung eingesperrt und sich daraufhin vor ihr entblößt haben. Er habe sie zuerst verbal zum Oralverkehr aufgefordert und anschließend körperlich dazu gezwungen.
Bei dem sich daraus ergebenen Prozess am Dienstag erschien der 36-jährige Angeklagte in Begleitung eines ihm zugeordneten Betreuers. Auf der Anklagebank saß außerdem ein beigeordneter Pflichtverteidiger. Gegenüber wiederum saßen bei der Staatsanwältin die Nebenklägerin, also die im Fall geschädigte Frau, und ihr Anwalt. Der Richter hatte ebenfalls zwei Schöffen (ehrenamtliche Richter) neben sich sitzen. Da die Nebenklägerin aber auch eine Zeugenaussage abgeben sollte, musste sie den Saal vorerst verlassen.
Als die Anklageschrift dann verlesen war, wurde der 36-Jährige gefragt, ob er sich zu den Vorwürfen äußern wolle. Dieser antwortete daraufhin: „Die Vorwürfe stimmen bis auf zwei Punkte. Ich habe die Tür nicht abgeschlossen, und sie zeigte keine erkennbare Abneigung.“ Der Angeklagte ging sogar noch weiter: „Ich wurde von ihr bedrängt.“
In der Tatnacht sei der gelernte Verkäufer nach Hause gekommen und habe die besagte Frau, die er auf Nachfrage des Richters als Bekannte bezeichnete, vor seinem Wohnhaus angetroffen, wo sie bereits auf ihn gewartet habe. Er habe sie mehrfach aufgefordert zu gehen, dem sei sie allerdings nicht nachgekommen. Stattdessen sei ihm die Nebenklägerin mit in das Gebäude, die Treppen nach oben und bis in die Wohngemeinschaft (WG) des Angeklagten gefolgt. Dabei habe er sie nicht vom Übertreten der beiden Türschwellen abhalten können, zeigte im Prozess aber auch Unverständnis, wie er dies hätte machen sollen.
In der WG habe sie sich dann auf ein Sofa gesetzt, und der Angeklagte habe weiterhin darauf bestanden, dass sie die Wohnung verlassen soll. Daraufhin habe er sich vor ihr entblößt, um sie laut eigener Aussage anzuwidern und somit zum Verlassen des Gebäudes zu bewegen. Stattdessen sei es dann aber zum Oralverkehr gekommen, und der Angeklagte betonte erneut, dass es keine klare Abwehr gegeben habe.
Richter Dr. Klaus Hüttermann hinterfragte, warum der 36-Jährige nicht die Polizei gerufen habe. Grund sei seine Betäubungsmittelabhängigkeit, da die Polizei sonst auch gegen ihn vorgegangen wäre. Auf die Frage, ob er am Tag der Tat Rauschmittel konsumiert hatte, antwortete der Angeklagte eingangs: „Nein.“ Später äußerte er aber, dass die Nebenklägerin Drogen zu sich genommen habe und er sie gefragt, ob sie mit ihm teilen könne, was sie dann getan habe.
Insgesamt zeigte der Angeklagte viel Unverständnis über die ihn gestellten Fragen. Besonders bei der Beschreibung der WG verwehrte er am Anfang viele Antworten, wurde dann aber von seinem Pflichtverteidiger instruiert, die Fragen nicht als sinnlos zu bezeichnen, sondern wenn möglich einfach zu beantworten.
Wie es vom Abschreck-Versuch zum Oralverkehr kam, wollte er ebenfalls nicht erläutern. Stattdessen beschrieb er den Vorfall als „ekelhaft“ und „widerwärtig“ und wollte nicht darüber reden. Selbst als sein Pflichtverteidiger eine genaue Schilderung des Sexualakts erfragen wollte, um die Einvernehmlichkeit glaubwürdiger zu machen, verweigerte er die Aussage. „Ich bin Ihr Verteidiger, vergessen Sie das nicht“, sagte der Anwalt dem Bürgergeld-Empfänger.
Nach dem Rechtsgespräch waren sich alle einig: Ein medizinisches Gutachten zur Schuldfähigkeit des Angeklagten muss her. Danach ergebe sich, ob man den Prozess fortführen könne. Dies könne aber noch dauern.