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Oldtimertreffen in Gardelegen: Ob Trabi-Cabrio oder DDR-West-Staatskarosse

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Von: Hanna Koerdt

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Zwei Personen steigen in ein Trabi-Cabrio
Seit den 70ern wollten Ilona und Harri Pianka aus Bismark ein Trabi-Cabrio. Den Traum erfüllten sie sich aber erst vor drei Jahren. © Koerdt, Hanna

„Wir haben alle diese Krankheit“, sagt Rolf Mahlke. Er meint das Oldtimer-Fieber. Und das scheint ansteckend zu sein. Denn auf dem Gardelegener Rathausplatz sammeln sich zu Oltimertreffen auch jedesmal viele Bewunderer.

Gardelegen – „Eigentlich wollte ich mit einem ganz anderen Auto da sein, mit einem Buchanka. Das heißt Brotleib auf russisch“, sagt Rolf Mahlke. Der geländetaugliche Kleinbus erinnert tatsächlich an ein Kastenbrot. Der Buchanka des Wittingers hat allerdings einen Getriebeschaden.

Stattdessen kam der 62-Jährige mit einem Volvo. Aber keinem gewöhnlichen. Der Volvo 264 TE ist eine von 150 Limousinen, die in der DDR als Regierungsfahrzeuge gekauft wurden. Rolf Mahlke blättert im Buch „Westautos in der DDR“, das er selbst produziert hat, und zeigt ein Foto. Abgebildet ist Erich Honecker und hinter ihm solch eine Volvo-Limousine.

Ein Mann zeigt ein Foto des Oldtimers, der hinter ihm steht, in einem Buch über die DDR.
Die West-Staatskarosse der DDR: Rolf Mahlke zeigt ein Foto von Erich Honecker, hinter dem eine solche Volvo 264 TE-Limousine steht, wie er sie besitzt. © Koerdt, Hanna

Den Staatsfuhrpark leisteten sich die wichtigsten SED-Politiker zu repräsentativen Zwecken und weil sie zweimal jährlich von Berlin zur Leipziger Messe fuhren. „Russische Autos waren nicht zuverlässig und die Russen wollten nicht liefern. Tschechen wollten Devisen haben und die Autos der Marke Tatra waren ohnehin überteuert“, erzählt Rolf Mahlke. Da die DDR Geschäfte mit Schweden unterhielt und zum Beispiel Schweinehälften und Bier dorthin exportierte, waren die Volvos quasi ein „Kompensationsgeschäft“, so Mahlke. Seine Limousine kaufte er jemandem ab, der unter anderem ein Dutzend ZIL 115-Limousinen besitzt, die in der Sowjetunion als Staatskarossen dienten und vor dem Ukraine-Krieg für rund 150 000 US-Dollar gehandelt wurden. Der Volvo war unter den Autos quasi „nur Beiwerk“, sagt Mahlke, und zur DDR-Zeit auch nur ein Reserveauto, weshalb es trotz des Baujahrs 1985 wie neu aussieht und erst etwa 40 000 Kilometer runter hat.

Über 40 Jahre Wartezeit auf den Trabi

Während sich die höchste Politriege der DDR in West-Autos chauffieren ließ, hatten Bürger das Glück, einen Trabant ihr Eigen nennen zu können. In den 70er Jahren fuhren Ilona und Harri Pianka aus Bismark einen Trabi 600 Kombi. „Es war aber unser Traum einen Trabi als Cabrio zu besitzen. Die gab es zu der Zeit gar nicht“, sagt Ilona Pianka. Ab 1993 bot das Unternehmen Ostermann entsprechende Umbausätze an. Doch erst vor drei Jahren erfüllte sich das Ehepaar seinen Wunsch. Eine sogar für DDR-Verhältnisse lange Wartezeit aufs Traumauto. Das Warten hat sich aber gelohnt, der Trabi ist „Kult“, sagt Harri Pianka.

Ein Jaguar, der doch ein Käfer ist?

Noch viele andere Raritäten konnten auf dem Rathausplatz angesehen werden. Wie zum Beispiel der „Käfer unter den Trikes“ von Hartmut Lamberts aus Lüge, der ein 32 Jahre altes VW-Dreirad besitzt. Tatsächlich ist es aber wohl der Jaguar unter den Käfern, denn der Vorbesitzer hat an das vordere Schutzblech die silberne Wildkatze des Edel-Automobilherstellers angeschraubt.

Oldtimerstammtisch Gardelegen redet über Hobby und „Gott und die Welt“

Ob mit Porsche oder Bulli: „Wir fahren heute ein bisschen mehr Strecke“, berichtet Ralf Jacobs vom Oldtimerstammtisch 2000 Gardelegen, dessen Mitstreiter die Ausfahrten zweimal im Jahr organisieren. Diesmal geht es nach Staßfurt, passenderweise in ein privat geführtes Fahrzeugmuseum, „das dann für uns öffnet“, sagt Jacobs. Der Stammtisch trifft sich sonst immer jeden letzten Freitag des Monats um 19.30 Uhr in der Gardelegener Stadtschänke. Zwar stehen Oldtimer beim Stammtisch im Vordergrund, aber geredet wird letztlich „über Gott und die Welt“, erklärt Ralf Jacobs. Die Treffen und Ausfahrten sind Gelegenheiten zum Austausch und Kontakt. So hatte es auch Hartmut Lamberts gesehen und sich nach einem Schicksalsschlag dem Stammtisch angeschlossen. „In der Oldtimerszene trifft man so viele nette Menschen“, findet auch Rolf Mahlke.

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