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„In einem erbärmlichen Zustand“

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Von: Stefan Schmidt

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Das Miester Bahnhofsgelände im April 1945, nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen. Am morgigen Freitag gibt es dazu ab 18 Uhr in Mieste eine Info-Veranstaltung. © Archiv Haarseim

Mieste. „Am frühen Morgen des 9. April 1945 kamen auf dem Bahnhof in Mieste zwei Güterzüge mit KZ-Häftlingen zum Stehen. Einer der Züge kam aus dem Konzentrationslager Hannover-Stöcken, einem Außenlager des KZ Neuengamme bei Hamburg.

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In solchen Viehwaggons wurden die Häftlinge bis zum Miester Bahnhof transportiert. Anschließend ging es zu Fuß weiter. © Archiv Haarseim

Der zweite Zug kam aus dem Südharz. Die Häftlinge stammten aus Außenlagern des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora bei Nordhausen. Die Züge konnten die Bahnstrecke in Richtung Gardelegen nicht mehr passieren. Ein am Ortsausgang des Nachbarortes Solpke stehender Munitionszug war von zwei amerikanischen Tieffliegern bombardiert worden und dabei explodiert. Dadurch war die Bahnstrecke blockiert. Insgesamt standen nun 54 Güterwaggons auf dem Miester Bahnhof, die zum Teil offen und zum Teil geschlossen waren. Über 2000 KZ-Häftlinge waren in den Waggons. Die Häftlinge waren in einem erbärmlichen Zustand. Schon seit Tagen hatten sie weder Essen noch Trinken erhalten. Viele waren bereits gestorben, als in Mieste die Türen der Güterwaggons geöffnet wurden. Als der Transportführer der SS-Begleitkommandos, Erhard Brauny, am Vormittag des 11. April 1945 erfuhr, dass amerikanische Panzerspitzen gerade einmal 13 Kilometer nördlich von Mieste waren, gab er den Befehl, mit den Häftlingen das Bahnhofsareal zu verlassen. Nacheinander brachen die bewachten Marschkolonnen mit den Häftlingen auf. Diese Todesmärsche führten auf verschiedenen Routen bis nach Gardelegen. Die Angehörigen der Begleitkommandos erschossen dabei Häftlinge und prügelten auf sie ein. “.

Über diese Geschehnisse berichtet Torsten Haarseim, der Autor der zitierten Zeilen, am morgigen Freitag ab 18 Uhr in der Aula der Miester Sekundarschule. Dort sind ausdrücklich auch Zeitzeugen erwünscht und solche, die beispielsweise aus Nachlässen und Erzählungen von Familienmitgliedern berichten können.

Von Stefan Schmidt

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